Beim Eisschnelllauf-Medienseminar gab der DESG-Präsident die Marschrichtung vor

„Wir wollen gemeinsam mit den anderen Verbänden unseren Anteil dazu beisteuern, dass Deutschland bei den Olympischen Winterspielen 2010 in Vancouver wieder auf Platz eins in der Nationenwertung landet“, erklärte DESG-Präsident Gerd Heinze.

Der Nachwuchs für die erfolgreichen deutschen Eisschnellläuferinnen fehlt. Copyright: picutre-alliance
Der Nachwuchs für die erfolgreichen deutschen Eisschnellläuferinnen fehlt. Copyright: picutre-alliance

Bei einem Medienseminar der Deutschen Eisschnelllauf-Gemeinschaft (DESG) in Berlin erläuterte er auch die getroffene Zielvereinbarung, die als Grundlage für eine optimale Unterstützung durch die Öffentliche Hand, sprich BMI, in den nächsten Monaten dient. Sechs Medaillen, davon möglichst zwei in Gold, sollten es schon sein, wobei es in erster Linie auf die Frauen ankommt. Gemeint sind die Sprint-Weltmeisterin Jenny Wolf, die gerade zur „Kufenflitzerin des Jahres 2008“ gewählt wurde, natürlich die vielseitige Anni Friesinger, Claudia Pechstein, die ihre sechsten Spiele anstrebt und mit fünf Goldmedaillen die erfolgreichste Winter-Olympionikin ist, und Daniela Anschütz. 

Zu wenig Hallen für die Spitzensportler

"Als relativ kleiner Verband haben wir Großes vor, wenngleich es für uns immer schwieriger wird, leistungswillige Talente zu finden", so Heinze und verwies darauf, dass die Rahmenbedingungen nicht gerade die besten für seine Sportart sind. „Wir haben lediglich mit Berlin und Erfurt zwei 400-m-Vorzeigebahnen, außerdem mit Dresden eine moderne Halle für die Shorttracker. Das ist auf Dauer aber zuwenig, um international bestehen und weiter konkurrenzfähig bleiben zu können. Viele Anlagen unterliegen dem Verschleiß, zumal die meisten Hallen inzwischen aus dem kommunalen Bereich ausgegliedert wurden,“ bemängelte der Verbands-Boss. „Und die vorhandenen Freiluft-Sportstätten, die logischer Weise stets und ständig Witterungsbedingungen unterliegen, lassen sich nur von Oktober bis Ende Februar benutzen. „Deshalb hofft Heinze inständig, dass die neue bayerische Regierung zu dem Wort ihrer Vorgänger steht, außer der Sanierung der Anlagen von Ruhpolding (Biathlon) und Königssee (Bob, Rodel) auch noch die entsprechenden Mittel für den Neubau einer modernen Halle im Eisschnelllauf-Mekka Inzell bereit stellt, wo im Februar 2011 die Einzelstrecken-Weltmeisterschaften stattfinden sollen. Sozusagen als letzten Anstoß und Willkommensgruß für eine erfolgreiche Bewerbung der Region München um die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 2018, die wenige Monate später auf einem IOC-Kongress vergeben werden. 

Fehlender Nachwuchs und zu wenig Talente

Probleme ganz anderer Art bereitet dem Verband allerdings der fehlende Nachwuchs, weil es heutzutage schwer fällt, leistungswillige Talente zu finden, die sich jahrlang quälen müssen, um zur Spitze zu gelangen und wo es zudem wenig zu verdienen gibt. So denken die Verbands-Oberen mit Schrecken an die Zeit nach Vancouver, sollte die jetzige Generation mit Pechstein (36), Anschütz (34), Friesinger (31) und Wolf (demnächst  30) die Schlittschuhe an den Nagel hängen. Sportdirektor Günter Schumacher („Ich bin kein Träume, sondern Realist“) sieht der drohenden Situation des Abgleitens mit gemischten Gefühlen entgegen, hofft aber, dass die Männer weitere Fortschritte machen, was sie mit ihrem dritten WM-Platz 2008 im Team Pursuit in Nagano andeuteten, und auf die Shorttracker. Er sprach davon, dass auch in anderen Ländern immer wieder Durststrecken vorkommen, „außer in Holland, da werden die Eisschnellläufer in goldenen Kutschen präsentiert“.

Biathlon und Skilanglauf haben mehr TV-Präsenz

Nachlassende Leistungen, geringere Erfolge und keine Vorzeige-Athleten mehr, das hätte dann auch gravierende Auswirkungen auf die Fernsehsendungen. ZDF-Chefreporter Wolf-Dieter Poschmann legte den Finger in die Wunde und gab bei dem Seminar freimütig zu, dass der Eisschnelllauf, den er neben der Leichtathletik in sein Herz geschlossen hat, links und rechts überholt wurde, vor allem vom Biathlon, aber auch dem Skilanglauf. „Eisschnelllauf allein zieht nicht. Nur in einer Kombination mit anderen Wintersportarten gelingt es uns, ihn an den so umfangreichen Sonntags-Übertragungen einigermaßen gut zu platzieren. Doch schon jetzt gehen die Einschaltquoten und Marktanteile zurück.“ Dass Sportarten ohne die entsprechenden Triumphe und schillernden Persönlichkeiten sehr schnell in der Öffentlichkeit an Interesse verlieren, dafür gibt es ja reichlich Beispiele, etwa Tennis, Skispringen oder auch Ski-alpin. Deshalb muss sich der Eisschnelllauf etwas einfallen lassen, in der Nachwuchsarbeit, aber auch im Aufbrechen verkrusteter Strukturen, für die allerdings der nach wie vor konservativ eingestellte Weltverband ISU zuständig ist. 

Neue Anzüge für schnellere Zeiten

Auf jeden Fall wollen die deutschen Kufenflitzer mit neuen Laufanzügen in nächster Zeit für mehr Aufmerksamkeit sorgen, auch eine Claudia Pechstein, die nach einer etwas schwächeren Saison, wie sie sagt, wieder voll motiviert ist. Statt des traditionellen Blaus muss man sich jetzt an die Farben Rot und Schwarz gewöhnen, wobei das Material sowohl von den Forschungsstätten des IAT in Leipzig und FES in Berlin nach ausgiebigen Tests für gut befunden wurde und nicht solche Diskussionen wie bei den Schwimmern vor Peking hervorrufen sollte. Außerdem, so erklärten Monique Angermüller und Tobias Schneider während der Präsentation bei dem DESG-Seminar, erzeugt die zweite Haut ein ausgesprochenes Wohlgefühl. Was auch Marco Weber bestätigte, der bei den Männern zum Kufenflitzer des Jahres gewählt wurde. Die Probe aufs Exempel wird am kommenden (zweiten) November-Wochenende gemacht, denn da findet in Berlin der erste Weltcup der vorolympischen Saison statt. 


  • Der Nachwuchs für die erfolgreichen deutschen Eisschnellläuferinnen fehlt. Copyright: picutre-alliance
    Der Nachwuchs für die erfolgreichen deutschen Eisschnellläuferinnen fehlt. Copyright: picutre-alliance