Beteiligung, Dialog, Konsens und Motivation

DOSB-Präsident Thomas Bach hat am Freitag (7. Juni) in einer internationalen Telefonkonferenz sein Programm erläutert, mit dem er sich um das Amt des Präsidenten des IOC bewirbt.

Thomas Bach legte jetzt sein Programm für die Bewerbung um das IOC-Präsidentenamt vor. Foto: picture-alliance
Thomas Bach legte jetzt sein Programm für die Bewerbung um das IOC-Präsidentenamt vor. Foto: picture-alliance

Bach, Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), ist einer von sechs Kandidaten, die sich bei der 125. IOC-Session am 10. September in Buenos Aires zur Wahl um die Nachfolge des Präsidenten Jacques Rogge stellen, der nach zwölf Jahren aus dem Amt scheidet. Am vorigen Donnerstag (6. Juni) hatte Bach Rogge und den IOC-Mitgliedern ein 15-seitiges Papier mit seinen Vorstellungen zugesandt.

Sein Management-Stil sei geprägt von Dialog und Einvernehmen, so sagte Bach den fast 30 Teilnehmern der Pressekonferenz. Er betrachte das IOC als eine Art Weltorchester, in dem jedes Mitglied bestimmte Fähigkeiten habe und ein Instrument spiele. Das zu vereinen sehe er als eine Hauptaufgabe an, „mit Beteiligung, Dialog, Konsens und Motivation“. Er wolle den Mitgliedern bessere Möglichkeiten bieten, ihre Meinung zu äußern, sagte er. Er wolle ihre Rolle und Verantwortung stärken. Die jährlichen Vollversammlungen sollten deshalb interaktiver werden. „Weniger Berichte - mehr Debatte“ strebt Bach an. Zudem wolle er einer Session ein besonderes strategisches Thema geben, zu dem sich die Mitglieder, aber auch Experten von außerhalb äußern könnten. Auch sei es an der Zeit, die Strukturen des IOC zu überdenken, einschließlich der Altersgrenze für Mitglieder.

Das Exekutivkomitee des IOC soll nach seinen Vorstellungen innovative Ideen produzieren. Im Falle seiner Wahl solle die erste Sitzung des Gremiums eine einwöchige Klausurtagung in der Art eines Brainstormings sein.

Im Kampf gegen das Doping plädiert Bach für noch härtere Strafen und intelligentere Kontrollen vor allem außerhalb der Wettkämpfe, dazu für eine bessere Zusammenarbeit mit staatlichen Behörden. Prävention müsse schon bei der Jugend ansetzen. Anders als bei seinen Anti-Doping-Bemühungen brauche der Sport im Kampf gegen illegale Wetten mehr Hilfe der staatlichen Seite und die Harmonisierung der Gesetzgebung.

Das Herz der Olympischen Bewegung seien die Athleten, sagte der DOSB-Präsident, der selbst 1976 Olympiasieger im Fechten war. Die Spiele von London hätten gezeigt, dass die Sportler im Mittelpunkt stehen müssten. Deshalb schlage er vor, dass in den Berichten der Evaluierungs- und Koordinierungskommissionen künftiger Spiele ein eigener Teil mit Erfahrungen von Athletenseite enthalten sei.

Olympische Spiele seien der bedeutendste Wettkampf für einen Athleten, „wir müssen ihre Einzigartigkeit bewahren“, sagte Bach. Deshalb behandele ein Großteil seines Programms die Spiele selbst. Deren Ausrichtung müsse für so viele Städte wie möglich machbar und bezahlbar wer-den. „Der Bewerbungsprozess sollte eine Einladung mit offenen Armen sein, für mehr Kreativität und Vielfalt“, ergänzte er. „Wir müssen darauf achten, dass wir nicht zu früh zu viel verlangen.“

Dabei sei Nachhaltigkeit zunehmend wichtig. Darum solle sich künftig eine eigene Kommission kümmern. Die Kosten und die Kostentreiber bei der Ausrichtung von Spielen müsse das IOC im Auge behalten. Dabei sei zu unterscheiden zwischen den Kosten für die Ausrichtung und für die Investitionen, für die jeder Ausrichter selbst verantwortlich sei.

Im Bemühen um weitere Einnahmen sollten Trends beachtet werden. So sollten Corporate-Social-Responsibility-Projekte in das Marketing-Programm integriert werden.

Das Programm der Olympischen Spiele sehe er als ein riesiges Puzzle, in dem ein Teil nicht ein-fach durch ein anderes ersetzt werde könne, ohne die Harmonie zu stören, sagte Bach. Deshalb solle das IOC weniger auf Sportarten und mehr auf einen flexibleren Rahmen bei den Disziplinen achten. Dabei gehe es um Attraktivität, aber zugleich wieder um Nachhaltigkeit. „Wir müssen vorher wissen, was Veränderungen des Programms für die Wettkampfstätten und damit für künftige Nutzung bedeutet.“ Rogge habe das Eis gebrochen und das System der Diskussion um neue Sportarten in Gang gebracht. Die Zahl der Disziplinen könne erhöht werden, sagte Bach, „mit jungen, attraktiven Disziplinen“. Die Zahl der Sportarten sei dann nicht mehr so relevant.

Die Olympischen Jugendspiele könnten zudem eine Möglichkeit für Sportarten sein, „die jetzt mit ihren exzellenten Präsentationen nicht durchgedrungen sind“, ergänzte der DOSB-Präsident. „Das wäre eine Win-Win-Situation.“

Die Olympischen Werte spielten eine wichtige Rolle, die Glaubwürdigkeit des Sports, der Wettkämpfe und der Organisationen, erklärte er weiter. Präsident Rogge habe hier, „wie auf anderen Gebieten“, große Verdienste. Das IOC müsse die Regeln des Good Governance streng weiterverfolgen und dadurch die ethischen Grundsätze verteidigen, ebenso die Autonomie der Sportorganisationen, die bedroht sei. Er wolle den Dialog im beiderseitigen Einverständnis suchen, sagte Bach. Auch eine engere Zusammenarbeit beispielsweise mit der UNESCO und anderen Nichtregierungsorganisationen gehöre dazu.

Ebenso will Bach den Dialog mit der Kultur fördern, mit Schriftstellern, Musikern und bildenden Künstlern. „Wir können viel lernen vor diesem Blick von außen auf den Sport“, sagte er. Es sei deshalb zu überlegen, bei künftigen Olympischen Spielen „Artists in residence“ einzuladen, die olympischen Sport mit ihrem Blick in ihre Arbeit übersetzen könnten.

Auch sollten die vielen Freiwilligen nach den Spielen nicht vergessen werden. Ihm schwebe ein ständiger „Volunteers Club“ vor, um auch hier auf Erfahrungen zurückgreifen zu können.

„Eine Vision“, so sagte Bach abschließend, sei der Aufbau eines weltweit empfangbaren Olympischen Fernsehkanals. Damit könnten olympische Sportarten auch in den Jahren zwischen den Spielen im Blickpunkt bleiben. Dies sei keine Aufgabe, die sich innerhalb weniger Jahre verwirklichen ließe, ergänzte Bach, aber er wolle die Diskussion darüber einleiten.

Auch so ließe sich die Jugend erreichen, der Bachs Programm große Aufmerksamkeit widmet. Mit neuen Wettbewerben mit mehr Festivalcharakter bei den Jugendspielen sollen beispielsweise auch junge Leute außerhalb der Strukturen des Sports erreicht werden.

(Quelle: DOSB)


  • Thomas Bach legte jetzt sein Programm für die Bewerbung um das IOC-Präsidentenamt vor. Foto: picture-alliance
    Thomas Bach legte jetzt sein Programm für die Bewerbung um das IOC-Präsidentenamt vor. Foto: picture-alliance