Der Fall Enke: Sportpsychologen diskutieren Aufgaben und Grenzen

Die Selbsttötung des unter Depressionen leidenden Robert Enke hat zu einer kritischen Betrachtung des Systems Leistungssport, insbesondere des Profifußballs geführt.

Die Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie nimmt Stellung zum Fall Robert Enke. Copyright: picture-alliance
Die Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie nimmt Stellung zum Fall Robert Enke. Copyright: picture-alliance

Gerade die Rolle der Sportpsychologie in diesem System mit stark vorherrschendem Leistungsdrucks wurde hinterfragt.

Aus der Sicht der Sportpsychologen selbst sind durchaus Konsequenzen für ihr Fachgebiet zu ziehen. „Die Behandlung von psychischen Störungen und Krankheiten wie etwa der Depression kann nicht Aufgabe und Gegenstand der Sportpsychologie sein“, erklärte Prof. Dr. Manfred Wegner (Universität Kiel) für den Vorstand der Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie (asp) in einer Stellungnahme. „Allerdings müssen Sportpsychologen sensibel für diese Probleme sein und entsprechende Anzeichen früh erkennen.“

Probleme frühzeitig erkennen

Aus der Sicht des Vorstandes der Sportpsychologen als Teil der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) müssen die entsprechenden Fähigkeiten in der Ausbildung vermittelt werden. „Die Kompetenz, schwerwiegende Probleme frühzeitig zu erkennen und verantwortlich zu handeln, müssen von Sportpsychologen im Rahmen der universitären oder post-gradualen Ausbildung erworben werden“, erklärte der Kieler Sportpsychologe Prof. Wegner. Innerhalb der Ausbildungscurricula im Anwendungsbereich „Sportpsychologie im Leistungssport“ müsse die Vermittlung dieser Fähigkeiten entsprechend verankert sein.

Die Behandlung selber gehört nach asp-Meinung in die Hände von entsprechenden Experten, die Sportpsychologen müssten aber in der Lage sein, entsprechende Vorboten frühzeitig zu erkennen.

An Spezialisten verweisen

Hans-Dieter Hermann als Sportpsychologe der deutschen Fußballnationalmannschaft habe mit seinem Versuch vorbildhaft gehandelt, hinter Robert Enkes „Erschöpfungssymptomen“ eine mögliche Depressivität zu erkennen, mit der Absicht, ihn dann entsprechend weiter zu vermitteln. Die Verantwortung und Aufgabe von Sportpsychologen sei es, den betroffenen Athleten oder Athletin an einen Spezialisten zu verweisen – also an einen Psychotherapeuten oder einen Psychiater.

Der Sportpsychologen-Vorstand um Prof. Wegner möchte zu einer Differenzierung der jetzt begonnenen Betrachtungen beitragen und für die anstehende Diskussion Informationen bereitstellen. Im Verständnis der asp zählen vordringlich die Verbesserung von Leistung und der präventive Umgang mit Wettkampf- und Trainingsstress zu den Aufgaben von Sportpsychologen im Leistungssport. Diese geschieht durch die Optimierung individueller Handlungskompetenzen,  sozialer Beziehungen sowie der Rahmenbedingungen, in denen die Leistung abgerufen werden soll.


  • Die Arbeitsgemeinschaft für Sportpsychologie nimmt Stellung zum Fall Robert Enke. Copyright: picture-alliance
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