Die Jugend braucht Bewegung – und Vorbilder

Einmal mehr brachte „Google“ die Wahrheit ans Licht. Knapp über eine Million Einträge verzeichnet der Internet-Suchdienst derzeit unter den Stichworten „Fitness“ und „Jugend“.

 

Gesund Sport treiben stand im Mittelpunkt der Veranstaltung in Koblenz. Foto: LSB Rheinland-Pfalz/Jochen Dick
Gesund Sport treiben stand im Mittelpunkt der Veranstaltung in Koblenz. Foto: LSB Rheinland-Pfalz/Jochen Dick

Sage und schreibe sieben Millionen Einträge sind es bei den Schlagworten „Fitness“ und „Alter“. Sport bis ins hohe Alter liegt voll im Trend, Sport im jugendlichen Alter dagegen weniger. „Etwa 1,9 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland sind übergewichtig“, berichtete der Leistungsdiagnostiker Prof. Klaus Baum auf dem Sport- und Gesundheitstag in Koblenz. Der Landessportbund Rheinland-Pfalz hatte zu der kostenlosen Veranstaltung ins Gymnasium auf der Karthause geladen, knapp 200 Sportinteressierte nutzten das Angebot.

Den Anwesenden präsentierte Prof. Dieter Leky weitere bedenkliche Zahlen: 60 Prozent der Weltbevölkerung bewegen sich am Tag weniger als 30 Minuten. Und noch alarmierender: Ein Viertel aller deutschen 11- bis 15-Jährigen gaben in einer Umfrage an, mit Sport rein gar nichts am Hut zu haben. Bei den 16- bis 18-Jährigen bezeichnete sich sogar die Hälfte als „sportabstinent“. Dies sind die Ergebnisse einer Studie aus dem Jahr 2003. „Die Entwicklung wird sich in naher Zukunft erheblich verschärfen“, sagte Leky. Genauso verhält es sich in punkto Gesundheit – oder besser Krankheit. Derzeit gibt es in Deutschland mehr als 7 Millionen Diabetiker. „Bald sind es 10 Millionen“, befürchtet Leky, der zusammen mit Dr. Oliver Erley die wissenschaftliche Leitung der Tagung übernommen hatte. Auch auf das Gesundheitssystem kommen somit erhebliche Probleme zu: Ein gut eingestellter Typ-II Diabetiker kostet die Krankenkassen 700 Euro pro Jahr, ein sogenannter „verwilderter“ Diabetiker schon das Zehnfache.

Doch was tun gegen diesen Trend? Der Landessportbund etwa zeichnet Vereine mit einem speziellen, gesundheitsfördernden Bewegungsangebot mit dem Siegel SPORT PRO GESUNDHEIT des Deutschen Olympischen Sportbunds aus. Bislang wurde das Qualitätszeichen an rund 250 Vereine verliehen. „Wir müssen aber weiterhin dem Nachwuchs einen aktiven Lebensstil vorleben“, forderte Roger Lewentz, Staatssekretär im Ministerium des Innern und für Sport und Schirmherr des Koblenzer Sport- und Gesundheitstages. „Das fängt schon bei den kleinen Dingen im Alltag an – lieber mal die Treppe laufen als den Aufzug nehmen.“

So lautete eine zentrale Erkenntnis der Tagung, die der Landessportbund Rheinland-Pfalz in Zusammenarbeit mit der Deutschen Sporthochschule, dem Sportärztebund Rheinland-Pfalz und dem Sportbund Rheinland anbot: Gerade im Sport braucht der Nachwuchs Vorbilder und Identifikationsfiguren. Der Sportpsychologe Markus Flemming berichtete von einem Beispiel aus Berlin. Dort gehen die Spieler des Eishockey-Erstligisten Eisbären Berlin regelmäßig an Schulen, um sich vorzustellen, aus ihrem Leben als Profisportler zu erzählen und selbst Sportstunden mit den Kindern abzuhalten. „Sei es nach der Fußball-WM 2006, nach der Handball-WM 2007 oder dem zweiten Platz der Basketballer bei der EM 2005 – danach gab es immer einen Boom bei den Jugendlichen und an den Schulen“, berichtete Prof. Baum. Um die sogenannten „Sportmuffel“ in Bewegung zu bringen, schlug Dieter Krieger, LSB-Vizepräsident Sportentwicklung und Breitensport, Sportangebote „frei vom Leistungsgedanken“ vor. „Unter Leistungsdruck kommt es schneller zu Frustration. Sport muss aber allen Spaß machen.“

In Koblenz zeigten vier Workshops den enormen Einfluss von Training, Alter und Lifestyle auf Gesundheit und Leistung auf. Prominente Referenten bereiteten die Themen Training und Leistungsdiagnostik, Sportmedizin und Physiotherapie, Ernährung und Sport, Psyche und Stressmanagement alltagsnah und praxisorientiert auf, sodass davon Übungsleiter und Trainer in ihrer täglichen Arbeit in den Vereinen profitieren. „So können die Teilnehmer kritischer mit Aussagen von unzähligen ,Experten’ umgehen“, sagte Dr. Erley, der zum Thema Sport und Ernährung referierte.

„Wir haben ein ganz aktuelles Thema unserer Gesellschaft behandelt, das auch die Nicht-Sportler anspricht“, erklärte LSB-Präsidentin Karin Augustin. Und ihr Vizepräsident Dieter Krieger versprach: „Im nächsten Jahr wird es auf jeden Fall wieder einen Sport- und Gesundheitstag geben.“ Dann soll die Altersgruppe der 16- bis 25-Jährigen und ihre Beziehung zum Sport genauer unter die Lupe genommen werden. Denn da gibt es schließlich viel Nachholbedarf.


  • Gesund Sport treiben stand im Mittelpunkt der Veranstaltung in Koblenz. Foto: LSB Rheinland-Pfalz/Jochen Dick
    Gesund Sport treiben stand im Mittelpunkt der Veranstaltung in Koblenz. Foto: LSB Rheinland-Pfalz/Jochen Dick