Einlochen in Uniform

Am 3. Mai war es soweit: Lara Katzy, 20 Jahre jung, leistete in der Berliner Julius-Leber-Kaserne die Unterschrift unter ihre Zwei-Jahres-Verpflichtung als Soldat auf Zeit.

Lara Katzy ist die erste Golferin der Sportfördergruppe. Foto: DGV
Lara Katzy ist die erste Golferin der Sportfördergruppe. Foto: DGV

Das Besondere dabei war nicht unbedingt, dass sie das als eine von jetzt 18 Frauen unter aktuell 67 Sportsoldaten der Sportfördergruppe am Standort Berlin tat. Weibliche Athleten mit Dienstauftrag Spitzensport – in Berlin zum Beispiel Kugelstoßerin Nadine Kleinert oder eine Reihe von Eisschnellläuferinnen – sind ja längst keine Seltenheit mehr. Das Außergewöhnliche in diesem Zusammenhang ist eher die Sportart, die die junge, schlanke Frau mit den wachen, neugierigen Augen betreibt. Lara Katzy ist bundesweit die erste Golferin, die in die Sportfördergruppen der Bundeswehr aufgenommen wird.

Nummer 1 der Damen-Ranglisteist Funker

Lara Katzy, die den Dienst im Range eines Funkers (dem Soldaten gleichzusetzen) antritt, ist die Nummer 1 der Damen-Rangliste des Deutschen Golf Verbandes (DGV), sie fand 2009 als erste Golferin Eingang in die Kandidaten-Liste zu Berlins „Sportler des Jahres“-Wahl und wurde Dritte hinter Sportberühmtheiten wie Schwimm-Doppelolympiasiegerin und Mehrfachweltmeisterin Britta Steffen oder die ebenfalls mit Titeln und Medaillen dekorierte Eissprinterin Jenny Wolf.

Lara Katzy durfte sich 2009 mit dem Team-EM-Titel in Slowenien, dem Sieg bei den Swiss Ladies Open der Amateure und der deutschen Vizemeisterschaft schmücken. Eigentlich hatte die mit Handicap +3,3 ausgestattete Aktive vom Golf- und Land-Club Berlin-Wannsee, die seit 2007 Nationalspielerin ist, einst Tennis gespielt. Dann aber lockte sie das Beispiel des jüngeren Bruders 2002 ins neue Metier. „Wenn solch ein Fußball-Verrückter wie er wegen Golf mit dem Kicken aufhörte, dann musste da doch was dran sein“, sagte sich Lara.

Ein Jahr betrieb sie beide Sportarten parallel, „aber zwei Sachen halb, das war mir nichts, zumal bei der Doppel-Lösung immer einer der Trainer sauer war“. Also machte sie lieber eins richtig – und entschied sich mit 13 Jahren für Golf. Was unter Mädchen dieses Alters nicht eben alltäglich  ist. So wenig Ahnung Lara bis dahin von der Sportart gehabt hatte, wie sie freimütig zugibt, so viel Spaß machte ihr das Ganze auf Anhieb. Viele Freundinnen dagegen rümpften die Nase oder zuckten mit den Schultern, als Lara Katzy begeistert über ihre neue Leidenschaft erzählte. „Die meinten, das sei ein Altherrensport, aber nichts, wo man sich selber richtig ausprobieren kann. Das ist natürlich absolut falsch. Golf ist nichts Geruhsames, sondern eine komplette Herausforderung für Körper und für Geist“, sagt sie.

Golf als Herausforderung für Körper und Geist

Lara Katzy ist nach Ansicht ihres Vereinstrainers Mario Hansch ein Naturtalent. Sie kam schnell in den Auswahlkader. „Man muss sich die ganze Zeit mit sich selbst auseinander setzen, denn es gibt in diesem Sinne ja keinen Gegner“, beschreibt sie, warum sie diese Disziplin so mag. Pro Tag trainiert sie vier, fünf Stunden, in der Woche an die 30, inklusive Kraft- und Ausdauereinheiten. Etwa 20 Turniere spielt sie im Jahr– es gilt, Ranglistenpositionen zu behaupten oder zu verbessern. Im Vorjahr hat sie das Fernstudium „Sport und angewandte Trainingslehre“ an der Hochschule für Gesundheit und Sport in Berlin-Lichtenberg begonnen. Das will sie auch jetzt fortsetzen, trotz Bundeswehr.

„Sie weiß ziemlich genau, was sie will, ist sehr zielbestimmt und ehrgeizig. Sie wird es schaffen, alles zu koordinieren“, sagt Oberstabsfeldwebel Walter Hettinger, Leiter der Sportfördergruppe Berlin, über Funker Katzy. Dass eine Golferin jetzt zu seiner Einheit mit 67 Sportsoldaten gehört, findet er interessant und spannend. „Ab 2016 gehört dieser Sport wieder zum olympischen Programm. Lara Katzys größter sportlicher Traum ist es, dann in Rio dabei zu sein. Wenn wir dabei helfen können, ist das eine tolle Geschichte.“

Ihr Trainer hatte die Idee, sich bei der Bundeswehr darauf vorzubereiten. „Natürlich habe ich überlegt, man trifft ja Entscheidungen nicht gedankenlos“, sagt sie. „Aber dann habe ich schnell zugestimmt. Gerade mit Blick auf Olympia 2016 habe ich bei der Bundeswehr Möglichkeiten, wie ich sie sonst nirgends hätte.“

Die zweijährige Dienstzeit als Soldatin auf Zeit kann bei entsprechender sportlicher Leistung drei Mal um ein weiteres Jahr verlängert werden – das hieße für Lara Katzy maximal fünf Jahre Training unter optimalen Bedingungen. Die militärischen Teile der Ausbildung schrecken sie nicht. Im vergangenen Jahr hat sie an den Erfolgen gemerkt, wie es sich auszahlt, wenn man sich seiner Passion intensiv widmen kann. „Ich kann mir gut vorstellen, dass Golf für mich mal mehr als nur ein Hobby wird“, sagt sie auf die Frage nach einer möglichen Profi-Laufbahn. „Eigentlich ist das ja jetzt schon der Fall.“ Freilich will solch ein Schritt genau überlegt sein. Und soweit ist sie noch nicht. Die Bundeswehr-Sportfördergruppe gibt ihr gerade deshalb schon jetzt auch soziale Sicherheit und die Chance sich sportlich zu entwickeln.

Sportfördergruppen sind unverzichtbares Erfolgsmodell

Der Saarländer Hettinger (52), der als Leiter der Berliner Sportfördergruppe in den letzten 15 Monaten seines Berufssoldaten-Daseins nach eigener Aussage „einen Traumjob“ ausüben darf, sieht gerade darin den Sinn dieser Einrichtung und das beste Argument für ihre weitere Existenz.

 Seit 1997 gibt es am Standort Berlin eine Sportfördergruppe entsprechende Gruppe. Aktuell kommen die 67 Sportler aus 15 Sportarten. „Wir sind eine der jüngsten, aber auch der größten und erfolgreichsten Sportfördergruppen bundesweit und haben Sommer- und Winterathleten in unseren Reihen. Eisschnellläufer, Fünfkämpfer, Leichtathleten wie Robert Harting, Wasserspringer, Bogenschützen, Schwimmer. Und nun eben auch eine Golferin“, sagt Hettinger.

Die 15 Sportfördergruppen in Deutschland hält der Oberstabsfeldwebel für „ein unverzichtbares Erfolgsmodell“, das aufrecht erhalten werden sollte, wenn der deutsche Sport international weiter eine Spitzenrolle spielen will. Zwar sind die Standorte von 25 auf 15 reduziert worden. Aber Konzentration heißt hier Optimierung. Denn die Zahl der Spitzensportler-Stellen bei der Bundeswehr insgesamt ist mit aktuell rund 800 und den innerhalb des laufenden Olympiazyklus anvisierten 900 konstant geblieben und partiell sogar noch gesteigert worden. Was bei den jüngsten Olympischen Spielen, wie denen im Winter 2010 in Vancouver, wieder in einer großen Zahl von Teilnehmern (63 von 153, weitere 24 gehörten zu Bundespolizei und Zoll) und Medaillen zum Ausdruck kam. Die 28 Millionen Euro Spitzensportförderung pro Jahr durch die Bundeswehr sind laut Hettinger „sehr gut investiert“.


  • Lara Katzy ist die erste Golferin der Sportfördergruppe. Foto: DGV
    Lara Katzy ist die erste Golferin der Sportfördergruppe. Foto: DGV