Erstmals erringt ein blinder Ruderer den Äquatorpreis

Herausragende Leistungen verdienen eine besondere Anerkennung. Erich Scheiffert aus Bietigheim ist der erste blinde Ruderer, der den Äquatorpreis des Deutschen Ruderverbandes (DRV) errang.

Der Preisträger Erich Scheiffert mit seiner Frau Lore. Foto: Anne Schneller
Der Preisträger Erich Scheiffert mit seiner Frau Lore. Foto: Anne Schneller

Dafür muss man 40.077 Kilometer rudernd oder steuernd zurückgelegt, also – theoretisch - einmal die Erde umrundet haben. Der 81-jährige ist aber nicht nur der erste Blinde unter den Preisträgern, sondern auch der erste Preisträger, der jeden einzelnen Kilometer gerudert und keinen einzigen davon gesteuert hat. Und – auch das ist eine Besonderheit – er hat die Kilometer ausschließlich im Mannschaftsboot zurückgelegt. 

Vergeben werden die Äquatorpreise üblicherweise beim Wanderruderertreffen des DRV, das immer Mitte September stattfindet. Da es Erich Scheiffert nicht möglich war, nach Magdeburg, dem diesjährigen Austragungsort zu kommen, wurde für ihn eine Ausnahme gemacht. Er bekam er die Auszeichnung im Rahmen einer DRV-Altherrenwanderfahrt, der „Argonautenfahrt“, überreicht. Die führte in diesem Jahr auf Fulda und Weser von Kassel nach Minden. In Rinteln, wo die Gruppe für einige Tage Station machte, hatte der dort ansässige „Oberargonaut“ Friedrich-Wilhelm Hoppe diskret die außerordentliche Preisverleihung arrangiert und die Argonauten zu sich nach Hause eingeladen. Kaum saßen die Herren in freundschaftlicher Runde beisammen, erschienen auf der mit der großen Flagge des Deutschen Ruderverbandes geschmückten Terrasse drei Überraschungsgäste: der eigens aus Berlin angereiste Vorsitzende des DRV-Ausschusses Wanderrudern und Breitensport, Prof. Dr. Arnim Nethe, zusammen mit seinen  beiden für DRV-Wettbewerbe und DRV-Wanderfahrten zuständigen Ressortleiterinnen Barbara Leibelt-Menzel (Rinteln) und Anne Schneller (Hannover). Das Trio überreichte dem freudig-überraschten Erich Scheiffert den Äquatorpreis, die dazu gehörende Anstecknadel und die Urkunde.

Es war eine geglückte Überraschung. Etwas „läuten gehört“ hätte er schon gehabt, bekannte der frischgebackene Preisträger, „aber nicht daran geglaubt - geredet wird ja viel.“ Mit dem Äquatorpreis sei für ihn ein Traum in Erfüllung gegangen; er empfinde Freude und Genugtuung, diese Kilometerzahl erreicht zu haben. „Ich bin stolz, dass ich das geschafft habe, und ich habe es nur mit der Unterstützung vieler anderer, Nicht-Blinder geschafft. Ich bin ja auf eine Mannschaft angewiesen und kann mir nicht einfach einen Einer nehmen.“ Mannschaften und Unterstützung fand er auch und gerade auf DRV-Wanderfahrten, an denen nimmt er schon seit den 70-er Jahren teilnimmt. Sie verhalfen ihm zu vielen Kilometern für das DRV-Fahrtenabzeichen – das er bisher 26 Mal errang – und natürlich auch für den Äquatorpreis.

Der 81-jährige, der in Bietigheim-Bissingen lebt, war von Geburt an stark sehbehindert und erblindete, als er sieben Jahre alt war. Zu rudern begann er 1962 beim Behindertensportverein Stuttgart; als die dortige Ruderriege aufgelöst wurde, schloss er sich dem Stuttgart-Cannstatter Ruderclub an. Dort sitzt er jede Woche zwei, drei Mal im Boot. „Präzise wie ein Uhrwerk“ ziehe er als Schlagmann die Blätter durchs Wasser, hieß es aus dem Kreis der Argonauten. Mit denen war er jetzt das 13. Mal unterwegs, wie immer begleitet von seiner Frau Lore. „Solange ich gut beieinander bin, möchte ich dabei bleiben“ sagt er. Und meint damit nicht nur die Argonauten, sondern den Rudersport.


  • Der Preisträger Erich Scheiffert mit seiner Frau Lore. Foto: Anne Schneller
    Der Preisträger Erich Scheiffert mit seiner Frau Lore. Foto: Anne Schneller