Fecht-WM: Britta Heidemann neue Weltmeisterin

Degen-Spezialistin Britta Heidemann (Leverkusen) hat sich ihren Traum erfüllt: Sie hat die Gold-Medaille bei der Fecht-WM, St. Petersburg, gewonnen. Damit ist ihre Olympiaqualifikation für Peking 2008 so gut wie sicher.

Jubel: Das Deutsche Team lässt die Weltmeisterin hochfliegen. (Bild: picture-alliance/dpa)
Jubel: Das Deutsche Team lässt die Weltmeisterin hochfliegen. (Bild: picture-alliance/dpa)

Es war einfach nur ihr Tag: Abgesehen von einem Feuer in der Fecht-Halle verlief es eigentlich recht rund. „Peking – ich komme! Ich habe mein WM-Ziel erreicht!“, freute sich die Leverkusenerin. Das Finalgefecht gegen die Chinesin Li Na war spannend – wenn auch der Verlauf typisch für die Degendamen war. Im ersten Drittel passierte nichts: nach zweieinhalb Minuten gab der Obmann zwei gelbe Karten wegen Passivität. Die letzten 30 Sekunden sowie die erste Pause wurden ersatzlos gestrichen. Nur wenige Sekunden später griff die Chinesin aggressiv an und setzte den ersten Treffer. Doch dann fielen die beiden Fechterinnen wieder in ihre bisherige Taktik zurück: Sie standen sich gegenüber und drohten sich, doch ohne wirklich anzugreifen. Der Obmann griff durch und gab nach einer weiteren Minute zwei rote Karten – unter lauten Buh-Rufen des Publikums. Jetzt flüsterte Heidemann ihrer Gegnerin etwas zu und änderte ihre Taktik. Sie griff an, wurde aggressiv und platzierte zwei Treffer kurz hintereinander. „Ich habe ihr gesagt, dass wir jetzt etwas tun müssen, sonst werden wir wohlmöglich disqualifiziert. Das wollte ich auf jeden Fall verhindern“, verriet Heidemann später.

Die Chinesin wurde nervös, machte einen Fehler nach dem anderen. Sie griff innerhalb der letzten 15 Sekunden mehrmals an, doch lief jedes Mal direkt in den deutschen Degen hinein. Die Leverkusenerin bewahrte einen kühlen Kopf, wehrte die Angriffe perfekt ab und siegte schließlich mit 14:10.

„Sie hat perfekt gefochten“, lobte anschließend auch Bundestrainer Manfred Kaspar. „Unsere Taktik ging auf“, spielte er auf die Passivität an, „immerhin ist es besser, bedacht und ruhig zu agieren, als kopflos dem Anderen in den Degen zu rennen.“ Immerhin hatte diese Taktik einen hohen Preis: Beide Athletinnen kassierten eine gelbe und schließlich eine rote Karte. „Okay, die erste Karte war möglich – damit muss man bei dieser Taktik rechnen, das nimmt man in Kauf. Aber die zweite Karte war nicht in Ordnung. Ein recht unbekannter Obmann, der unter einem enormen Leistungsdruck steht und sich für Olympia empfehlen will, hat versucht alles zu finden und zu sehen – aber diese zweite Karte war ein Scherz.“

Überglücklich fielen sich Kaspar und Heidemann nach der Siegerehrung in die Arme. „Heute abend feiern wir kräftig“, strahlte Kaspar. Auch Heidemanns ehemaliger Heimtrainer Gabor Salomon war stolz. Er wechselte vor knapp einem Jahr zum kanadischen Team und ist als deren Trainer bei der WM. Doch er ließ es sich nicht nehmen, die Gefechte seiner ehemaligen Fechterin genau zu beobachten. „Sie kann es einfach“, strahlte Salomon schon nach dem Viertelfinale. Er blieb noch lange auf der Tribüne sitzen und freute sich sichtlich, als Britta nach ihrem Gefecht die Treppen zu ihm hochging. „Danke“ flüsterte sie ihrem Ex-Trainer zu, umarmte ihn und ging wieder.

Dieses Viertelfinalgefecht musste Heidemann auf einer Ersatzbahn austragen. Denn kurz vorher brannte es in der Fechthalle. Ein Scheinwerfer zehn Meter über der roten Bahn ging in Flammen auf. Die Feuerwehrleute brauchten rund 30 Minuten, um die Flammen zu löschen. Das WM-Organisationsteam verlegte kurzerhand das Viertelfinale in die Nachbarhalle, in der sonst die Vorrunden ausgetragen werden. „Dieser Umzug war schon problematisch für uns“, meinte Kaspar, „die Lichtverhältnisse sind drüben in der Halle komplett anders, da muss man sich erstmal drauf einstellen.“

Damit kämpften die Degendamen erneut gegen die Naturgewalten. Was dieses Mal das Feuer war, war bei der vergangenen Europameisterschaft in Gent, Belgien, das Wasser: Am Tag der Degendamen-Entscheidung tropfte Regenwasser durch das löchrige Hallendach auf die Finalbahn und sorgte auch dort für Verzögerungen im Zeitplan.

Aber Heidemann ließ sich heute von den Umständen nicht beirren – sie ging ihren Weg und kämpfte sich bis nach ganz vorne. „Ich war gut drauf, als ich heute morgen aufwachte. Ich wusste zwar nicht, wie es heute auf der Fechtbahn laufen würde, aber ich hatte ein gutes Gefühl.“

Ihr Trainer erlebte den Tag allerdings mit feuchten Händen: „Ich hatte gehört, dass St. Petersburg als Reiseziel für die ältere Generation gilt und dachte, dass das eine ruhige Fahrt werden würde… doch der heutige Tag war dann doch eher eine Krimiveranstaltung.“

Zwei andere große Namen schieden früh aus

Degenfechterin Claudia Bokel (Tauberbischofsheim) hatte heute einen schwierigen, schicksalshaften Tag. Sie musste sich einem schweren Lauf stellen. Kaspar war „not amused“, als er das Tableau zum ersten Mal sah, wie er im Interview sagte (siehe Download links). Bokel traf im 32er Tableau auf die Russin Anna Sivkova, der sie mit 3:4 im Sudden Death unterlag. „Das war besonders ägerlich“, schimpfte anschließend Bokel, „natürlich kannst du dir bei einem Sudden Death einen Wischer an der Hand abholen – aber das sollte eigentlich nicht sein, vor allem nicht bei einer WM, wo du anschließend nichts mehr gut machen kannst.“ Ihr Trainer ergänzte: „Eigentlich ist der Sudden Death Bokels Spezialität. Sie versteht es normalerweise, den entscheidenden Treffer auf die Hand zu setzen – und dann mit ihrer eigenen Waffe geschlagen zu werden, ist besonders ärgerlich.“

Das Gefecht gegen Sivkova war von vornherein kein gutes Omen für Bokel. Bereits im März trat Bokel gegen die Russin an: beim Weltcup in St. Petersburg. In selber Halle, in selber Konstellation, ja, sie hatte damals sogar im selben Hotel gewohnt und hatte damals verloren. „Ich wollte die Revanche nutzen und bin gescheitert“, klagte Bokel anschließend, „vor allem ärgert mich, dass ich mein selbst gestecktes Ziel – eine Medaille – nicht erreicht habe.“ Außerdem hätte sie natürlich gerne die wichtigen WM-Punkte für die Olympiaqualifikation mitgenommen. „Jetzt muss ich bei den nächsten drei Weltcups besonders gut abschneiden, damit die Reise nach Peking sicher ist.“

Imke Duplitzer (Bonn) scheiterte bereits sehr früh. Sie traf in der Runde der besten 64 auf die Ungarin Ildiko Mincza-Nebald. Sie kämpfte sich bis auf 12 Treffer vor, doch ihre Konkurrentin war stärker, schneller und entschied das Gefecht für sich (15:12).


Vorrunden bei den Säbelherren

Die deutschen Herren-Säbel-Spezialisten mussten heute in der Vorrunde antreten. Dennis Bauer und Björn Hübner qualifizierten sich souverän für die Direktausscheidung, Benedikt Beisheim schied allerdings in den Vorrunden aus. Nicolas Limbach war bereits für die Hauptrunde qualifiziert.


  • Jubel: Das Deutsche Team lässt die Weltmeisterin hochfliegen. (Bild: picture-alliance/dpa)
    Jubel: Das Deutsche Team lässt die Weltmeisterin hochfliegen. (Bild: picture-alliance/dpa)