„Gemeinsam Herausforderungen zu meistern, festigt den Zusammenhalt in der Familie“

Dr. Petra Tzschoppe, Mitglied im Präsidialausschuss Breitensport/Sportentwicklung des DOSB im Interview.

„Diejenigen, die frühzeitig durch die Familie zum Sporttreiben sozialisiert werden, bleiben häufig ein Leben lang dabei“, Petra Tzschoppe (Foto: Jochen A. Meyer)
„Diejenigen, die frühzeitig durch die Familie zum Sporttreiben sozialisiert werden, bleiben häufig ein Leben lang dabei“, Petra Tzschoppe (Foto: Jochen A. Meyer)

Wenn der Vater mit dem Sohne und die Enkelin mit der Oma zum Sportplatz gehen, profitieren gleich mehrere Generationen davon, zusammen aktiv zu sein. Schwerpunktthema des Halts der Sportabzeichen-Tour am 4. Juli im thüringischen Schmölln war der Familiensport. Dr. Petra Tzschoppe, Mitglied im Präsidialausschuss Breitensport/Sportentwicklung des DOSB, war in Schmölln zu Gast. Im Interview berichtet die Sportwissenschaftlerin von ihren Eindrücken.

Frau Dr. Tzschoppe, Sie haben am 4. Juli den Halt der Sportabzeichen-Tour in Schmölln besucht. Wie war die Stimmung im Stadion?

Beste Sportabzeichen-Stimmung war in Schmölln zu erleben. Nachdem der ursprünglich für Anfang Juni geplante Tourstopp in Schmölln wegen des Hochwassers verschoben werden musste, klappte am 4. Juli alles hervorragend. Die Organisatoren hatten für den zweiten Anlauf wieder alles perfekt vorbereitet, dieses Mal spielte das Wetter mit. Schmölln hat knapp 12.000 Einwohner, es sah so aus, als ob mindestens die Hälfte davon im Stadion auf dem Pfefferberg dabei war. Sportlichen Ehrgeiz und jede Menge Spaß gab es nicht nur beim Ablegen der Prüfungen für das Sportabzeichen. In der Knopfstadt Schmölln ließ man zudem Knöpfe und Rhönräder rollen. Die prominenten Tourbegleiter Frank Busemann, Danny Ecker und Claudia Nystad sammelten so neue Bewegungserfahrungen, immer in einer Traube von Kindern, die prominente Tipps und Autogramme wollten. Kurz: auch im kleinsten Ort der diesjährigen Tour war die Stimmung ganz groß!

Schwerpunktthema der DOSB-Veranstaltung in Schmölln war der Familiensport. Warum sollten sich Familien zusammen bewegen?

Wie wichtig es für das Wohlbefinden von Menschen jeden Alters ist, in einem intakten sozialen Umfeld zu leben, ist bekannt. Ebenso weiß man um die positiven körperlichen, psychischen und sozialen Effekte des Sports. Nur leider scheinen im Alltagsstress mitunter die Gelegenheiten für gemeinsame Unternehmungen mit der Familie oder die Zeit für sportliche Aktivitäten zu knapp bemessen zu sein. Was liegt also näher, als in Familie miteinander Sport, Spiel und Bewegung zu erleben? Gemeinsam Herausforderungen zu meistern und dabei jede Menge Vergnügen zu haben, festigt den Zusammenhalt in der Familie. Zugleich aber stärkt es auch die Bindung an den Sport, wenn Kinder beizeiten durch Eltern, Geschwister oder Großeltern an den Sport herangeführt werden. Diejenigen, die frühzeitig durch die Familie zum Sporttreiben sozialisiert werden, bleiben häufig ein Leben lang dabei.

Was können Vereine tun, um Familien zum gemeinsamen Sport zu motivieren?

Es gibt eine ganze Reihe von Dingen, die Vereine tun können, um für Familien besonders attraktiv zu werden. Das beginnt mit Angeboten für alle Generationen, die neben sportlichen auch gesellige Offerten für Familien unterbreiten. Am besten gelingt das, wenn die Wünsche und Vorschläge der Familien erkundet und umgesetzt werden. 

Eine Einbindung in bestehende regionale Netzwerke zur Förderung von Familien und eine gute Öffentlichkeitsarbeit sind weitere Schritte auf dem Weg zum familienfreundlichen Verein. Dazu gehört auch eine Beitragsgestaltung, die den Belangen gerade von Familien mit mehreren Kindern Rechnung trägt. Dies setzt voraus, dass die Vereinsführung erkennt, wie wichtig Familien als Zielgruppe für den Verein sind. Vom DOSB wird dieses Anliegen seit Jahren intensiv gefördert, so gibt es mittlerweile zahlreiche nachahmenswerte Beispiele, wie Vereine ideenreich mit klugen Konzepten Familien gemeinsam in Bewegung bringen.

Die Vereine profitieren auf jeden Fall auch, wenn sie sich dieses Themas annehmen. Sie können so neue Mitglieder gewinnen und binden. Nicht nur Eltern bringen ihre Kinder zum Sport, es kann auch umgekehrt funktionieren. Eltern und Großeltern identifizieren sich mit dem Verein, in dem ihre Kinder sportlich aktiv sind. Das kann dazu führen, dass sie selbst wieder aktiv werden oder aber, dass sie sich ehrenamtlich im Verein ihrer Kinder beziehungsweise Enkel engagieren. Die Zielgruppe Familie lohnt sich also für Sportvereine in mehrfacher Hinsicht.

Eignet sich das Deutsche Sportabzeichen für Kinder, Eltern und Großeltern, um gemeinsame Sache zu machen?

Das Deutsche Sportabzeichen ist geradezu prädestiniert dafür, zum Sporttreiben in der Familie anzuregen. Es richtet sich ja mit jeweils spezifischen Anforderungen in den verschiedenen Kategorien an alle Altersgruppen. So können sich Familien gemeinsam auf das Absolvieren der anspruchsvollen Disziplinen vorbereiten. Beim Ablegen der Prüfungen können sie sich nicht nur gegenseitig anfeuern, sondern auch unmittelbar miteinander wetteifern. 

Im Zuge der Reform zum 100. Geburtstag wurden ja die Anforderungen systematisiert und die Altersskala nach oben und unten erweitert. So könnte jetzt die Oma im direkten Vergleich mit der Enkelin den 50m-Sprint absolvieren – und dann kann man ja mal sehen, wer die Nase vorn hat. Spannung und Spaß sind auf jeden Fall garantiert. Am Ende kann dann – regelmäßiges Üben vorausgesetzt – jedes Familienmitglied sein Sportabzeichen vorweisen, in Bronze, Silber oder sogar Gold. 


Welchen Stellenwert hat Familiensport in Ihrem eigenen Leben?

Alle meine Aussagen zum Familiensport kann ich aus eigener Erfahrung nur bekräftigen. Sport ist in meiner Familie ein zentrales Thema, dem sich keiner entzieht. Meine beiden Kinder haben sich von klein auf mit ihren Eltern auf dem Sportplatz getummelt, das hält bis heute an. Mittlerweile laufen auch die beiden größeren Enkelkinder (die Kleinste muss erst laufen lernen) gelegentlich mit Opa und Oma um die Wette oder jagen dem Ball hinterher. Beim Sportabzeichen habe ich aber schon mal vorgelegt, da können die anderen jetzt nachziehen. 

Herzlichen Dank für das Gespräch!


  • „Diejenigen, die frühzeitig durch die Familie zum Sporttreiben sozialisiert werden, bleiben häufig ein Leben lang dabei“, Petra Tzschoppe (Foto: Jochen A. Meyer)
    „Diejenigen, die frühzeitig durch die Familie zum Sporttreiben sozialisiert werden, bleiben häufig ein Leben lang dabei“, Petra Tzschoppe (Foto: Jochen A. Meyer)