Hessischer HAI hilft Schwimmhallen, Übungsleitern und Nichtschwimmern

Etwas martialisch nennt sich dieses Programm der Hessischen Landesregierung HAI - Hallenbadinvestitionsprogramm - und es ist ein bundesweites Vorbild in Sachen Sportstättensanierung.

Die Schwimmhallen in Hessen werden dank HAI fit gemacht.
Die Schwimmhallen in Hessen werden dank HAI fit gemacht.

Nirgends sonst zwischen Alpen, Nord- und Ostsee existiert derzeit ein ähnlich gut strukturiertes und finanziell ausgestattetes Programm, um bestehende Schwimmhallen mit Hilfe von Landesmitteln für die Zukunft fit zu machen. Mit dem auf fünf Jahre und bis 2012 angelegten Programm werden ausschließlich für Hallenbäder Zuschüsse von insgesamt 50 Millionen Euro bereitgestellt. Die ersten fünf Zuwendungsbescheide für die Betreiber der entsprechenden Schwimmhallen gab es im vergangenen Jahr, in diesem Jahr kamen bislang weitere acht dazu. Die Glückszahl „13“ traf jüngst die Turngemeinde Bornheim (TGB). Hessens aktuell größter Verein mit derzeit rund 18.000 Mitgliedern übernahm im Main-Frankfurter Stadtteil Fechenheim vor sechs Jahren das kommunale und hoch defizitäre Gartenbad und rettete es vor dem möglichen Aus. Nun durfte Vereinschef Peter Völker aus den Händen von Boris Rhein, dem Staatssekretär im Hessischen Ministerium des Innern und für Sport, einen Zuwendungsbescheid über 240.000 Euro entgegennehmen.

Sportministerium Hand in Hand mit dem Landesschwimmverband

„Wir haben dieses Programm in enger Abstimmung mit dem Hessischen Schwimmverband entwickelt und aufgelegt“, erinnert Professor Heinz Zielinski, Ministerialdirigent im Sportministerium, an die Anfänge eines höchst zeitgemäßen Konzepts. Beschlossen wurde es vor zwei Jahren, die ersten fünf Schecks wurden im vergangenen Jahr ausgehändigt. Anträge, um Zuwendungen zu erhalten, können Vereine oder andere Betreiber von Schwimmhallen beim Hessischen Ministerium des Innern und für Sport in Wiesbaden stellen, die anschließend von einer eigens eingerichteten Kommission eingehend geprüft werden. Anschließend wird entschieden, ob und in welcher Höhe staatliche Beihilfen für Sanierung und Modernisierung geleistet werden. Ausdrücklich weist Zielinski darauf hin, dass so genannte Spaßbäder von dem finanziellen Segen ausgenommen sind. Werner Freitag, der Präsident des Hessischen Schwimmverbandes, schätzt, dass bei Ablauf des Programms „mindestens 60 Kommunen“ von dem Investitionsprogramm profitiert haben werden. Sehr gute Aussichten haben beispielsweise jene Anträge, die deutlich herausarbeiten, dass mit dem öffentlichen Geld etwa in moderne Heizungsanlagen oder Dämmsystems bei Fassaden oder andere energiesparende Lösungen investiert wird. Diese Art technischer Nachhaltigkeitseffekte, die zugleich Auswirkungen auf die Betriebskosten haben, wird von der Schwimmhallen-Kommission besonders geschätzt.

Ein anderer Vorteil liegt unabhängig von der ganz konkreten bautechnischen Verwendung des Geldes auf der Hand. Indem in die Jahre gekommene Schwimmhallen landesweit und konzertiert für die Zukunft fit gemacht werden, wirkt man gezielt dem bedenklichen Trend zur „Nicht-schwimmer-Nation“ entgegen. Aktuell könnten rund 40 Prozent der Kinder und Jugendlichen nicht schwimmen, verwies Rhein auf den sportpolitischen Hintergrund des HAI-Programms.

Solche Zahlen seien „alarmierend“. Entsprechend beschränkt man sich in Hessen nicht allein darauf, die Schwimmhallen auf Vordermann zu bringen, sondern hat zugleich die „Software“ mit im Blick. In jenen Kommunen, die bereits Zuwendungsbescheide aus dem HAI-Programm erhielten, werden nach den Schulferien spezielle Fortbildungsprogramme angeboten, um dort mehr und qualifizierte Schwimmkurse anbieten zu können.

Weiterbildungsangebote für Kindergärten, Schulen und Vereine

Damit in den mittels HAI auf Vordermann gebrachten Schwimmhallen demnächst möglichst viele fähige Übungsleiter und Betreuer wirken können, werde in Kooperation mit dem Hessischen Schwimmverband derzeit ein spezielles Qualifizierungsprogramm für diesen Personenkreis erstellt. „Wir müssen mehr Möglichkeiten schaffen, um die Leute ins Wasser zu bringen“, erklärt Freitag die Idee, dem bedrohlichen Trend des Nicht-Schwimmen-Könnens aktiv etwas entgegenzusetzen. Entsprechend wollen die Ausbilder des Schwimmverbandes, die normalerweise Übungsleiter der Vereine qualifizieren, eine neue Klientel ansprechen und schwimmpädagogisch befähigen. „Wir wollen neue Wege zeigen, wie man das Schwimmen vermitteln kann“, sagt Freitag und hofft, dass sich zu den von seinem Verband angebotenen Wochenendlehrgänge möglichst viele Kindergärtnerinnen, Lehrer, Vereinsvertreter oder auch Schwimmmeister anmelden, um die dort gewonnenen Kenntnisse dann an den Nachwuchs weiterzugeben. Mit dem einzigen Ziel, die Quote der Nichtschwimmer künftig schon in jungen Jahren deutlich zu reduzieren. Wie die anderen in seinem Verband für die Aus- und Fortbildung Verantwortlichen wird der Präsident dabei mit gutem Beispiel vorangehen. „Selbstverständlich werde ich bei diesen Tagesveranstaltungen selbst mit dabei sein und Wissen vermitteln. Ich hoffe, dass sich besonders viele Erzieherinnen melden und an diesen Kursen teilnehmen“, sagt der 63-Jährige, der am Sportinstitut der Universität Mainz beschäftigt ist.

Allein für das Hallenbad in Fechenheim kommt die Einladung des Schwimmverbandes wie gerufen. Schließlich wird die Einrichtung im Osten der Mainmetropole nicht nur von knapp 6000 Mitgliedern des betreibenden Vereins genutzt. Darüber hinaus steht das Bad wöchentlich für 25 Stunden den Schülern von insgesamt acht umliegenden Schulen sowie für 14 Stunden sieben anderen Vereinen zur Verfügung. Sonntags erfreuen sich spezielle Schwimmangebote für Muslime großer Beliebtheit. Eingedenk dieser Strahlkraft betonte Boris Rhein bei der Scheckübergabe vor Ort: „Das ist richtig gut investiertes Geld. Das geben wir gerne aus.“

Verein spart der Kommune zwischen 300.000 und 400.000 Euro allein beim Personal

Ohne das Engagement des größten hessischen Vereins würde es das Hallenbad womöglich gar nicht mehr geben. In diesem Jahr investiert der Verein rund 700.000 Euro aus Eigenmitteln in die Infrastruktur des Bades, so kommt die Zuwendung aus dem Hessischen Innen- und Sport-ministerium gerade recht. Im ersten Stock des Hallenbades in der Konstanzer Straße konnte sich Rhein gleich an Ort und Stelle über die Verwendung des Geldes informieren. „Seit etwa vier Wochen stecken wir inmitten der Sanierungsarbeiten“, berichtete Haus-Manager Roland Trebuß und weckte Vorfreude auch auf die neue Saunalandschaft, die bis Anfang August entstehen wird. Von bisher fünf Trockensaunen sind noch drei in Betrieb, doch die anderen beiden müssen Platz machen für ein modernes, komfortables Dampfbad. Die Bodenfliesen werden ebenso erneuert wie die Umkleidekabinen. Außerdem werde laut Trebuß „ein schöner großer Außenbereich“ neu entstehen. Parallel dazu werden Heizungs- und Lüftungsanlagen erneuert.

„Das Gartenbad ist eine Oase in einem Stadtteil, der es nicht leicht hat“, sagte der frühere Frankfurter Stadtrat. Mit der finanziellen Beihilfe tue das Land etwas „zur Erhaltung einer ganz wichtigen Infrastruktur im Stadtteil“. Seitdem das ehemals kommunale Hallenbad am 1. Mai 2003 in die Regie der TGB überging, ging es steil aufwärts. Ganz kostendeckend zu operieren, sei im Badebetrieb „nahezu unmöglich“, gesteht TGB-Chef Völker. Aber durch die Initiative seines Großvereins würden der Kommune jährlich allein Personalkosten in Höhe zwischen 300.000 Euro und 400.000 Euro erspart. Mittlerweile werden Schwimmbecken und Saunen gegen einen Aufpreis zum monatlichen Mitgliedsbeitrag von knapp einem Drittel der rund 18.000 TGB-Mitglieder regelmäßig genutzt.

„Wir tun alles, damit die Menschen sich hier wohl fühlen“, unterstrich Völker. Der sechsstellige Betrag, der allein im Jahr 2009 hier verbaut wird, sei eine weitere Investition in die Zukunft. Längst denkt man bei der TGB weit über den bis 2013 gültigen Pachtvertrag hinaus. Die Verlängerung des Kontrakts um weitere zehn Jahre ist nur noch eine Formsache, wie bei der Übergabe des Geldes aus dem zur Nachahmung empfohlenen HAI-Programm der Hessischen Landesregierung deutlich wurde.


  • Die Schwimmhallen in Hessen werden dank HAI fit gemacht.
    Die Schwimmhallen in Hessen werden dank HAI fit gemacht.