Ingo Weiss hielt Vortrag am Schlusstag der Expo

Ingo Weiss, der Vorsitzende der Deutschen Sportjugend (dsj), hat am vorigen Wochenende am Welt-Jugendgipfel bei der zu Ende gegangenen „Expo“ in Schanghai teilgenommen.

Der dsj-Vorsitzende Ingo Weiss sprach beim Welt-Jugendgipfel. Foto: dsj
Der dsj-Vorsitzende Ingo Weiss sprach beim Welt-Jugendgipfel. Foto: dsj

Am Sonntag (31. Oktober 2010), dem Schlusstag der Weltausstellung, hielt das Präsidiumsmitglied des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) einen Vortrag zum Thema „Kreative Jugend und die Städte von morgen“. Das Motto der Expo 2010, die am 1. Mai eröffnet worden war, lautete „Bessere Stadt, besseres Leben“.

Die Rede im Wortlaut:

„Als jüngst in Deutschland eine große Jugendstudie zu den Zukunftsperspektiven der jungen Generation vorgestellt worden ist, zeigten die Hauptnachrichten Bilder von Jugendlichen beim Sport. Daraufhin kommentierte die angesehene Frankfurter Allgemeine Zeitung: „Niemand verkörpert besser den Optimismus, den die Untersuchung der kommenden Generation attestiert, als ein Schüler, der gerade auf den Schultern zweier Sportkameraden Kopfstand macht. Er sei sicher, sagt dieser nach der Übung in die Kamera, dass er später Arbeit finden werde. Die Zukunft sei gut. (…) Das Bild des Jungen im Fernsehen, der so offenkundig Spaß an Akrobatik mit Lust aufs Leben verbindet, ist mehr als die beiläufige Illustration einer Nachricht. Es strahlt aus, was Sport zu bieten hat, auch ohne intellektuelle Voraussetzungen: Schon wer einen Kopfstand wagt, verändert seine Perspektive.“

Dieses Bild passt perfekt zur Diskussion des heutigen Tages: kreative Jugend und die Städte von morgen. Ich freue mich, anlässlich der Weltausstellung zu diesem Thema referieren zu dürfen. Ich möchte Ihnen aufzeigen, wie der Sport die Entwicklung von Städten und Gemeinden mit gestalten und mit beeinflussen kann.

Dabei beziehe ich mich nicht nur auf Erfahrungswerte, die ich als Vorsitzender der Deutschen Sportjugend – mit 9,5 Millionen Mitgliedern die größte Nachwuchsorganisation Deutschlands – gesammelt habe, sondern auch auf wissenschaftliche Erkenntnisse.

Zu dem Schluss „Vorbeugen ist besser als heilen“ kamen Forscher der Uni Karlsruhe, die seit langem an einer Langzeitstudie unter dem Titel „Gesundheit zum Mitmachen“ arbeiten. Dafür untersuchten sie seit 20 Jahren 500 Frauen und Männer im Alter von 35 bis 75 Jahren. „Zu wenig Bewegung ist das zentrale Problem von Kindern wie auch Erwachsenen in entwickelten Industrieländern“, sagte Projektleiter Alexander Woll bei der Vorstellung der Ergebnisse einer aktuellen Untersuchungswelle.

Wie sportlich die Menschen eines Landes sind, hängt maßgeblich von ihrer Umgebung ab, fanden andere Wissenschaftler im Auftrag der EU heraus (Eurobarometer-Umfrage). Danach ist die physische Aktivität etwa vom Klima, der Umwelt, der sozioökonomischen Situation und eben von der Förderung durch Städte und Gemeinden abhängig.

Heutzutage zieht es die Menschen weg vom Land hinein in die Städte. Diese werden so zu sozialen Brennpunkten mit einem begrenzten Angebot an natürlichen Bewegungsräumen. Erschwerend kommt hinzu, dass bewegende Freizeitbeschäftigungen immer mehr Konkurrenz durch bewegungsarme Aktivitäten wie Computernutzung oder Fernsehkonsum bekommen. In der Folge nimmt die Bewegungskompetenz der jungen Menschen rapide ab. Einfachste Übungen wie Balancieren, Einbeinstand, Rückwärtslaufen oder Ballfangen werden für einen wachsenden Teil der jungen Menschen zu unlösbaren Aufgaben. Aber – auch das ist ein Trend – auf der anderen Seite wollen die Menschen in Bewegung bleiben und erobern ihre Städte zurück. Stadtläufe, Skater-Nächte oder die neue Trendsportart Parcours seien hier beispielhaft erwähnt.

Um diesen verschiedenen Ansprüchen gerecht werden zu können, braucht es normierte Sportstätten wie Hallen, Schwimmbäder und Sportplätze, aber auch nicht-normierte Sportstätten wie Bolzplätze, Streetball-Anlagen, Freiflächen zum Skateboard fahren, Klettergärten, ausgewiesene Laufstrecken oder Wiesenflächen für Gymnastik und Federball. In Deutschland sind viele Städte und Gemeinden dabei, diese Überlegungen bei der Erstellung ihrer kommunalen Entwicklungspläne zu berücksichtigen.

Für die Kommunen ist der Sport mehr als die reine Bewegung:

I Sport ist Motor der Integration und hilft, soziale Brände gar nicht erst aufflammen zu lassen. Dabei integriert er nicht nur zwischen den sozialen Schichten, sondern auch zwischen alt und jung.

I Sport vermittelt soziale Kompetenzen. Fairness, Teamgeist, der Umgang mit Niederlagen wird vermittelt.

I Sport erfordert die Übernahme von Verantwortung, ob im Ehrenamt oder in einer Mannschaft beim Elfmeter.

I Sport – und hier speziell der Spitzensport – ist ein Wirtschafts- und Imagefaktor für eine Metropole.

I Bekannte Sportvereine fördern die Identifikation mit der Heimatstadt.

I Je gesünder der Sport die Einwohner erhält, desto weniger muss von der Gesellschaft in die „Reparatur“ von Gesundheit investiert werden.

Sie sehen, der Sport kann ein starker Player in einer Stadt sein und dabei viele Facetten des städtischen Lebens beeinflussen. Jugendfreundliche Städte zu entwickeln, wie Sie es hier in China und wir es in Deutschland tun, ist eine Investition in die Zukunft und eine Win-Win-Situation für beide Seiten: Für die Jugend, die dadurch in der Stadt eine Zukunft hat und die Stadt, die ihre Zukunft auf die Jugend bauen kann. Denn die Kommune bietet der Jugend eine Heimat, die von ihnen gestaltet, gehegt und gepflegt wird. Auch wenn ich hier für die Jugend gesprochen habe, wissen wir alle, dass diese Effekte über die jungen Jahre eines Menschen hinaus reichen und damit das Leben nachhaltig prägen.“


  • Der dsj-Vorsitzende Ingo Weiss sprach beim Welt-Jugendgipfel. Foto: dsj
    Der dsj-Vorsitzende Ingo Weiss sprach beim Welt-Jugendgipfel. Foto: dsj