Kinder in Bewegung – ein Name als Programm

Es wirkt wie ein Tropfen auf dem heißen Stein – 21 Kindertagesstätten der insgesamt rund 2.000 Einrichtungen in Berlin werden in freier Trägerschaft vom Landessportbund und der Sportjugend Berlin betrieben.

Der LSB und die Sportjugend Berlin betreiben 21 Kindertagesstätten. Foto: picture-alliance
Der LSB und die Sportjugend Berlin betreiben 21 Kindertagesstätten. Foto: picture-alliance

Doch die Initiative hat schon einiges bewirkt bei der Bewältigung des zunehmenden Bewegungsmangels bei Kindern.

Nachdem der Berliner Senat zu Beginn des Jahrzehnts beschlossen hatte, zwei Drittel der städtischen an freie Träger zu übergeben, reagierte der organisierte Sport als größte Bürgerbewegung mit 550.000 Mitgliedern, wie es bei ihm seit vielen Jahren Standard ist – er stellte sich der gesellschaftlichen Verantwortung. Er gründete 2004 die „Gemeinnützige Kindergarten-Trägergesellschaft des Berliner Sports“, die auf den kurzen und zutreffenden Namen „Kinder in Bewegung gGmbH“ hört.

Seit 2005 hat die KiB nach und nach insgesamt 21 Kindertagesstätten übernommen. Fünf Jahre Existenz waren jüngst Anlass für LSB-Präsident Klaus Böger, die beiden Geschäftsführer der GmbH, Heiner Brandi (ehrenamtlich) und Bernd Wille (hauptamtlich), die Pädagogische Koordinatorin des Projekts, Bianca Parschau, und weitere Verantwortliche aus dem Sport, eine kleine Erkundungstour durch einige der Einrichtungen zu unternehmen. Auf dem Programm: der Stand der Dinge, Erfolge, Probleme, Fragen nach Personal, Bezahlung, Ausrüstung. Klaus Böger, vor seiner sportlichen Berufung jahrelang Hauptstadtsenator für Bildung, Jugend und Sport, ging zielgerichtet und konstruktiv in die Gespräche mit den Kita-Leiterinnen, den Erziehern und manchmal auch den Kindern. Ein Ergebnis nach fünf Jahren: Die Übernahme von Kindertagesstätten in die Trägerschaft des Berliner Sports ist eine Erfolgsgeschichte.

2.500 Kinder werden betreut

In den 21 KiB-Kitas werden in sieben der 16 Berliner Stadtbezirke im Durchschnitt 2.500 Kinder pro Jahr betreut. Die Einrichtungen haben ein besonderes Profil im Bildungsbereich „Körper, Gesundheit und Bewegung“ aufgebaut, das mit der Förderung der Sprachentwicklung eng verbunden ist. Die Kitas arbeiten in ihrem jeweiligen Einzugsgebiet mit benachbarten Sportvereinen zusammen. Die Qualität der Bildungs- und Betreuungsarbeit sowie die sportfachlichen Qualifikationen der Erzieherinnen und Erzieher werden durch kontinuierliche Weiterbildungen gesichert und verbessert. Die KiB-Kitaplätze sind bei den Eltern stark nachgefragt. Die Auslastung bewegt sich in aller Regel an der zulässigen Kapazitätsgrenze, fast überall gibt es Wartelisten für das jeweils nachfolgende Jahr. Die große Nachfrage ist zum einen ein Zeichen der Anerkennung, zum anderen trägt sie ganz wesentlich dazu bei, dass die KiB-Kitas kostendeckend und wirtschaftlich erfolgreich arbeiten.

Aber auch mit Sorgen und Problemen hielten die Mitarbeiter nicht hinter dem Berg. Es ging um die Ausgestaltung der Arbeitsverträge, um die Integration von Kindern mit Migrationshintergrund, um Sprachförderung, um eigene Antriebe und Aktivitäten zur Verbesserung der Arbeit, um externe Evaluationen wie den bevorstehenden „Kita-TÜV“ durch ein unabhängiges Institut, in den natürlich auch die KiB-Einrichtungen einbezogen sind. Ihnen muss davor nicht bange sein. „Seitdem wir 2005 von der KiB übernommen wurden, ist bei uns eine Menge passiert und wir haben einen großen Schritt vorwärts gemacht“, sagt Marina Karius, Leitern der Kita „Hansa-Spatzen“ nahe dem Tiergarten. Ihre Bilanz im Kleinen korrespondiert mit der der KiB im Großen. „Wir sind wirtschaftlich gut aufgestellt, das haben uns die Wirtschaftsprüfer bestätigt“, sagt Heiner Brandi. Ausruhen könne man sich auf den Erfolgen aber nicht. Als nächster Schritt sei die Gründung einer eigenen Erzieherfachschule geplant, die qualifiziertes Personal ausbilden soll. An der Finanzierung werde sich der LSB beteiligen. Nach der noch ausstehenden Genehmigung durch den Senat ist der Start für die dreijährige Probelaufzeit für November 2011 angedacht.

460 Angestellte

Die KiB ist auch quantitativ längst eine Größe – 460 Angestellte bezeugen das. Das Haushaltsvolumen beträgt knapp 20 Millionen Euro. 12,5 Millionen werden für das pädagogische Personal aufgewandt. Der Rest geht in die Absicherung der Verpflegung, Bewirtschaftungskosten und 2,5 Millionen (13 Prozent) in Investitionen an Gebäuden und Freiflächen. In den fünf Jahren sind laut Bernd Wille insgesamt 12 Millionen Euro für Baumaßnahmen eingesetzt worden – man kann es sehen und an der Freude der Kinder an ihren Möglichkeiten, Freiräume zum Spielen und Bewegen zu entdecken, auch hören.

Sauna für die Kleinsten

Jede der KiB-Einrichtungen hat mehrere lizenzierte Übungsleiter, „einer von uns ist immer in einer Sache unterwegs“, sagt Marina Karius. Die Räume in ihrer Kita sind einladend geräumig, wenig voll gestellt und auch nicht zu bunt. „Wir wollen bewusst Platz lassen, zum entdecken und für eigene Ideen.“ Bei den Bewegungsangeboten hilft der Kontakt zum nahen Verein TSV Guths-Muths, in dem die Kita-Leiterin auch Übungsleiterin fürs Eltern-Kind-Turnen ist. Etwa 90 ihrer jetzigen Zöglinge setzen das sportliche Engagement oder ganz schlicht die Lust auf Bewegung dort fort, wenn sie die Kita verlassen haben. Als die KiB die Kita übernahm, habe es, gibt Marina Karius zu, anfangs Skepsis und Misstrauen bei Mitarbeitern und Eltern gegeben. „Das ist passé, es ist schnell gelungen, Vertrauen aufzubauen und zu gewinnen. Die Eltern erkennen sehr genau, dass hier gute Arbeit geleistet wird und empfehlen uns weiter.“

Ähnliches gab es in den beiden anderen besuchten Kitas zu berichten. Angelika Graß, Kita-Leiterin in der Gottschedstraße in Mitte und seit 1995 in der Einrichtung tätig, wusste von den Mühen der Ebene zu erzählen, wenn man 90 Prozent Kinder mit Migrationshintergrund zu betreuen habe. Vor allem aber auch darüber, wie sehr der Sport als Mittel tauge, damit verbundene Probleme zu lösen. Mindestens einmal am Tag gibt es für jeden Schützling ein Bewegungsangebot, nahezu alle Erzieher haben eine Psychomotorik-Ausbildung absolviert. „Zwischen dem ersten und dem fünften Lebensjahr lernt ein Kind soviel, wie danach nie wieder. Dieser Tatsache sind wir uns bewusst“, sagt sie.

Auch im Sportkindergarten in Lichtenberg genau gegenüber dem Sportforum Hohenschönhausen trägt man dem mit Ideenreichtum Rechnung. 90 Kinder gehen einmal in der Woche zum Schwimmen, 60 dreimal pro Woche zum Eiskunstlaufen. Sogar eine Sauna gibt es, wo die Knirpse einmal alle 14 Tage bei 60 Grad schwitzen lernen. Es gibt Kooperationen mit den sportbetonten Schulen in der nahen Umgebung. Die Kinder kommen auch aus größerer Entfernung. „Die Eltern nehmen den weiteren Weg für unser Angebot in Kauf“, sagt Leiterin Li-Jana Schmidt.


  • Der LSB und die Sportjugend Berlin betreiben 21 Kindertagesstätten. Foto: picture-alliance
    Der LSB und die Sportjugend Berlin betreiben 21 Kindertagesstätten. Foto: picture-alliance