NOK-Generalsekretär Henze geht in den Ruhestand

Nach vier Jahrzehnten im Dienste des olympischen Spitzensports

Abschied nach vier Jahrzehnten im Dienst des olympischen Spitzensports

Seine letzte Aufgabe für das NOK führt ihn in der kommenden Woche noch einmal an den Ort der Olympischen Spiele 2000 ins ferne Australien. In Sydney stellt sich Heinrich K. Henze, der in der Welt des Sports nur unter dem Namen „Heiner“ Henze bekannt ist, noch einmal für die Leipziger Bewerbung zur Verfügung. Im Auftrag des NOK-Präsidiums nutzt er ein letztes Mal in offizieller Mission seine über vier Jahrzehnte hinweg erworbenen Kontakte, um eine Informationsreise des Bewerberkomitees 2012 zu gestalten.

 

Bereits in der zurückliegenden Präsidiumssitzung am 1. Oktober in Velen hatten Ehrenpräsident Prof. Walther Tröger und Präsident Dr. Klaus Steinbach Henze für die exzellente Zusammenarbeit gedankt und seine Verdienste gewürdigt.

 

Am kommenden Freitag, den 24.10., nimmt Henze Abschied von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der NOK-Geschäftsstelle. Bei einem gemeinsamen Mittagessen, zu dem er sie eingeladen hat, soll auf die fast zehnjährige Zeit als NOK-Generalsekretär und weit darüber hinaus gehende olympische Erinnerungen zurückgeblickt werden.

 

1964 war Heiner Henze erstmals in die Vorbereitung der Entsendung einer Olympiamannschaft eingebunden. Die Reise nach Tokio hat er damals noch selbst finanziert. Danach war er von 1972 bis 2000 insgesamt sieben Mal Leiter des Mannschaftsbüros bei Olympischen Sommer- und fünf Mal bei Olympischen Winterspielen. Seine beruflichen Stationen auf dem Weg in das Amt des NOK-Generalsekretärs waren das Institut für Leibesübungen in Darmstadt (von 1968-1970 als Assistent), das NOK (1970-1972 als stellvertretender Generalsekretär) und der Deutsche Leichtathletik-Verband (1973-1989 als Generalsekretär). Dort wie jetzt im NOK hat der 1941 in Breslau geborene Henze bleibende Spuren hinterlassen. Sein Wort besitzt im Studentensport, in der Olympischen Familie und insbesondere in der olympischen Kernsportart Leichtathletik nach wie vor gleichermaßen großes Gewicht.

 

Mit Heiner Henze tritt eine den deutschen Spitzensport in vielerlei Hinsicht prägende Persön-lichkeit aus der aktiven Sportpolitik ab. Auf seinem Karriereweg insbesondere eng verbunden mit dem langjährigen NOK-Präsidenten und jetzigen Ehrenpräsidenten Walther Tröger, wird mit seinem Abschied eine wichtige Etappe des olympischen Spitzensports zur Zeitgeschichte. Ganz gleich ob in den einstigen Ost-/West-Auseinandersetzungen, in der Diskussion um den Amateur-Paragraphen, bei den ersten Weichenstellungen im Anti-Doping-Kampf, bei der Gründung von Vermarktungsgesellschaften des Sports oder der Stärkung von Aktivenvertretungen, stets verstand es Heiner Henze, wichtige sportpolitische Impulse zu setzen. Zumeist tat er es, wie es seine Art ist, im Hintergrund, zurückhaltend, leise, überaus loyal und doch zugleich bestimmt und mit klarem Blick für das Wünschenswerte und Machbare.

 

Mit 62 Jahren hat sich der Chef von 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der NOK-Geschäftsstelle in Frankfurt am Main nun für den vorzeitigen Ruhestand entschieden. Den Ausschlag dafür gaben im Juli 2001 ganz persönliche Gründe. An der Seite seiner Frau Elke, wie er selbst einst erfolgreiche Leichtathletin und studierte Pädagogin, möchte der begeisterte Skifahrer nun die dritte Lebenshälfte genießen. Die Töchter Gabi und Gitta sind längst aus dem Hause und gehen einer erfolgreichen beruflichen Karriere nach. Mit dem Regierungsdirektor im Hessischen Ministerium des Innern und für Sport, Bernhard Schwank, steht ab 1.11. auch sein Nachfolger im Amt des NOK-Generalsekretärs bereit. "Wie nicht anders zu erwarten ist die Übergabe der Amtsgeschäfte reibungslos und planmäßig verlaufen", erklärte NOK-Präsident Steinbach in der Präsidiumssitzung.

 

Noch bis Freitag den 24.10.2003 wird Heiner Henze in der Frankfurter Geschäftsstelle des NOK in sportpolitisch unruhiger Zeit für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Autoritäts- und Respektsperson wie ruhender Pol und ein überaus menschlicher Vorgesetzter sein, der vor allem über sein eigenes Beispiel wirken wollte. Ausgezeichnet durch ungemein hohe Präsenz und Schaffenskraft genauso wie durch Integrität, persönliche Glaubwürdigkeit und vor allem Verlässlichkeit.

 

Seine unumstrittenen und allseits anerkannten Fähigkeiten und sein psychologisches Gespür hat er nicht als Chance zur Selbstvermarktung, sondern stets als soziale Verpflichtung betrachtet. Im manchmal schwierigen politischen Zusammenspiel mit Verbänden wirkte er stets ausgleichend. Polarisierung war seine Sache nicht, wenngleich er auch die Auseinandersetzung nicht scheute, wenn er von einer Position überzeugt war.

 

"Aufgedrängt hat sich Heiner Henze nie, aber wo er gebraucht wurde, da ließ er sich nicht lange bitten", erinnert sich ein Weggefährte. Seine wichtigsten ehrenamtlichen Funktionen übte er im Allgemeinen Deutschen Hochschulsportverband, im Internationalen Studentensportverband (als Mitglied der Technischen Kommission), als Generalsekretär des Europäischen Leichtathletik-Verbandes und in vielen Kommissionen der IAAF aus.

 

Auch den Kontakt zur Basis hat Heiner Henze nie verloren. Seit seiner Aktivenzeit ist er in die Arbeit von Sportvereinen eingebunden. In Kassel, Gießen und Schwenningen war er selbst aktiv, in Darmstadt und Frankfurt am Main, insbesondere aber in seiner Wahlheimat Egelsbach organisierte er u.a. zahlreiche Veranstaltungen im Kinder-, Aktiven- und Senioren-bereich. Nicht nur hier wird sein Rat ganz sicher weiterhin gefragt sein.

 

Dem „getreuen Eckehart des Sports“, wie ihn der Ende des Jahres ebenfalls aus dem Dienst scheidende Ressortleiter Sport der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Steffen Haffner, anlässlich seines sechzigsten Geburtstages bezeichnete, wurde in einer den organisierten Sport kritisch würdigenden Sportpublizistik stets sein „enorm hohes Arbeitspensum“ (u.a. Darmstädter Echo, Frankfurter Rundschau) und „sein großes Fachwissen“ (Berliner Zeitung, Frankfurter Rundschau) attestiert.

 

"Seine gestalterische Kraft als Generalsekretär an der Seite der Leichtathletik-Präsidenten Prof. Dr. August Kirsch und Dr. Eberhard Munzert sowie von NOK-Präsident Prof. Walther Tröger und als Berater vieler weiterer Haupt- und Ehrenamtlicher Funktionsträger wurde dabei vielfach unterschätzt", meint NOK-Ehrenmitglied Prof. Dr. Helmut Digel.

 

Dass ihm selbst der Sinn nie nach Schlagzeilen stand, mag dabei eine Rolle gespielt haben. Über die Jahre und Jahrzehnte hinweg mussten dies neben Steffen Haffner auch weitere, ihn publizistisch hartnäckig begleitende bzw. nun in die Pension "(ver)folgende" Kollegen wie Michael Gernandt und Robert Hartmann von der Süddeutschen Zeitung akzeptieren lernen. Die beste Öffentlichkeitsarbeit bestand für Heiner Henze stets in einer soliden Sacharbeit. Hinter ihr mussten die Belange der Medien und der PR-Fachleute zurückstehen.

 

Für seine Verdienste im Sport wurden Heiner Henze zahlreiche Ehrungen zuteil. Daran erinnert zu werden, wird ihm vermutlich bei den bevorstehenden offiziellen Verabschiedungen eher unangenehm sein, wie immer wenn seine Leistungen in der Öffentlichkeit erwähnt werden (müssen).