Olympia-Pfarrer Weber und die goldenen Momente

Der Beistand kommt von oben: Ein evangelischer und ein katholischer Pfarrer stehen der deutschen Mannschaft in den Olympia-Tagen mit Rat und Tat zur Seite.

Der Olympiapfarrer Thomas Weber hat immer ein offenes Ohr für die Athleten und Athletinnen. Foto: picture-alliance
Der Olympiapfarrer Thomas Weber hat immer ein offenes Ohr für die Athleten und Athletinnen. Foto: picture-alliance

Das Objekt der Begierde ließ auch Thomas Weber nicht kalt. Der evangelische Olympia-Pfarrer riskierte dann doch mal einen Blick auf die Goldmedaille seines Gesprächpartners - und war begeistert. "Das war schon etwas Besonderes und einfach sehr schön", sagte Weber dem SID nach der Begegnung mit Vielseitigkeits-Reiter Dirk Schrade, der mit der Mannschaft Olympiasieger geworden war.

In seiner "Gemeinde auf Zeit" hat es Weber in diesen Tagen aber nicht nur mit strahlenden Siegern zu tun. Eher zufällig begegnete der Gemeindepfarrer aus Gevelsberg/Westfalen in einem Londoner Einkaufszentrum der traurigen Sportschützin Munkhbayar Dorjsuren. Die Medaillenkandidatin aus München war wegen eines klemmenden Repetierschlittens noch aus den Finalrängen gerutscht. "Wir haben uns spontan hingesetzt und 15 Minuten geredet. Das war schon eine tragische Geschichte", berichtete Weber, der sich die Arbeit in London mit seinem katholischen Kollegen Hans-Gerd Schütt teilt.

Beide sind während der Spiele in der deutschsprachigen katholischen Gemeinde Londons unweit der Tower Bridge untergebracht. Dort kriegt das sportbegeisterte Gespann täglich die Sorgen eines leidgeprüften Kollegen mit. In der Männer-WG wohnt auch der österreichische Pater Bernhard Maier, dessen Nation noch auf die erste Medaille in London wartet. "Er erzählt uns, was in seiner Heimat los ist. Da werden junge Athleten in den Medien als Olympia-Touristen bezeichnet, die können sich doch nicht mehr nach Hause trauen. Das ist einfach ungerecht", sagt Weber.

Der 52-Jährige beobachtet immer wieder, dass sich Sportler nach schwachen Leistungen selbst die größten Vorwürfe machen. "Da ist keiner dabei, der sich das nicht zu Herzen nimmt", sagt Weber, der Mitleid mit den Olympioniken hat: "Der Druck von außen auf diese Leute ist schon immens."

Verschwiegenheit und Vertrauen

Deshalb machen Weber und seine Mitstreiter auch regelmäßig Angebote, verteilen Broschüren ("Mittendrin") und suchen das Gespräch. "Viele Sportler finden es gut, dass zur olympischen Mannschaft auch ganz normale Menschen gehören, mit denen man ganz normal reden kann. Ohne dass sie Angst haben müssen, es steht am nächsten Tag in der Zeitung", sagt Weber. Verschwiegenheit und Vertrauen sei das Pfund, mit dem man wuchern könne. Deshalb erzählt der Mann, der als Vorstandsmitglied des Arbeitskreises Kirche und Sport an Olympia herangeführt wurde, natürlich auch nicht alles.

Ein ökumenischer Gottesdienst im Deutschen Haus fand bereits am vergangenen Sonntag statt. Kameras waren nicht zugelassen. An der Veranstaltung nahm unter anderem DOSB-Präsident Thomas Bach teil. Die Pfarrer gedachten dabei auch der Opfer des Olympia-Attentats von München 1972. Zu Beginn der Sommerspiele hatte es eine Andacht im religiösen Zentrum im Olympischen Dorf gegeben, in dem alle Weltreligionen "untergebracht" sind. Allerdings ist die Lage nicht perfekt, denn in dem Gebäude sind auch Büros, in denen logistische Dinge wie Transportfragen geregelt werden. Ruhe zu finden, ist da schwierig.

Drückt deutschen Startern die Daumen

Egal, Weber zieht es bei seiner vierten Olympia-Teilnahme ohnehin eher an die Sportstätten. Beide Triathlon-Rennen im Hyde-Park hat der Pfarrer vor Ort verfolgt, besonders beeindruckt war er von der Stimmung bei den Wildwasser-Kanuten. "Die Sportler finden es gut, wenn man Interesse zeigt", sagt Weber.

Ein bisschen merkwürdig findet er den "überschwappenden Patriotismus" der Gastgeber in den Stadien. Er selbst drückt natürlich den deutschen Startern "zumindest einen Daumen, ohne den Konkurrenten etwas Schlechtes zu wünschen".

(Quelle: SID)


  • Der Olympiapfarrer Thomas Weber hat immer ein offenes Ohr für die Athleten und Athletinnen. Foto: picture-alliance
    Der Olympiapfarrer Thomas Weber hat immer ein offenes Ohr für die Athleten und Athletinnen. Foto: picture-alliance