Regina Halmich erhält die DOSB-Ehrennadel

Die mehrmalige Profibox-Weltmeisterin Regina Halmich hat am Dienstag in Frankfurt/Main in Anerkennung ihrer Verdienste um den deutschen Sport die DOSB-Ehrennadel erhalten.

Regina Halmich wurde vom DOSB mit der Ehrennadel ausgezeichnet.  Foto: DOSB/Camera4
Regina Halmich wurde vom DOSB mit der Ehrennadel ausgezeichnet. Foto: DOSB/Camera4

Seit 2010 ist die blonde Frau, die auch nach ihrer Karriere noch als das Gesicht des deutschen Frauenboxens gilt, Schirmherrin des bundesweiten DOSB-Projektes „Gewalt gegen Frauen – nicht mit uns!“. Bei der Auftaktveranstaltung der diesjährigen Aktion im Landessportbund Hessen in Frankfurt überreichte ihr DOSB-Generaldirektor Michael Vesper jetzt die Auszeichnung.

Mit Schlagkunst und Schlagfertigkeit habe Regina Halmich den Sprung in die Öffentlichkeit geschafft, sagte Vesper in seiner Laudatio. Damit habe sie nicht nur eine einmalige sportliche Karriere verwirklicht. „Sie hat mit ihren Erfolgen in einer angeblich unweiblichen Sportart zugleich viel für die Gleichberechtigung der Geschlechter getan.“

1991 begann Regina Halmich mit dem Boxen. Frauenboxen war damals verpönt in Deutschland. Sie startete eine beispiellose Profikarriere und ebnete anderen Frauen den Weg in den Boxsport. Sie war mehrfache Europa- und Weltmeisterin im Fliegengewicht und als Weltmeisterin zwölf Jahre ungeschlagen.

Nach dem Sport nutzt sie nun ihre Popularität und engagiert sich auch für Themen, die uns alle, weit über den Sport hinaus angehen. So sei sie, sagte Vesper, „noch einmal in den Ring gestiegen“, um auch der DOSB-Aktion noch mehr Schlagkraft zu verleihen. „Sport stärkt das Selbstvertrauen und macht selbstbewusst, weiß sie und wünscht sich, dass viele bei der Aktion mitmachen“, erklärte der DOSB-Generaldirektor. Ebenso setze sie sich für die Initiative „Be a Hero – sei ein Held“ der Opferschutz-Organisation „Weißer Ring“ ein, die auch Kooperationspartner des DOSB ist.

Interview mit Regina Halmich:

DOSB-PRESSE: Frau Halmich, Sie wirken fit wie in Ihrer aktiven Karriere? Was tun Sie dafür?

REGINA HALMICH: Ich bin immer noch aktiv auch nach meiner Karriere. Sport ist ein fester Bestandteil meines Lebens. Ich bin in einem Fitness-Unternehmen als Expertin tätig, habe mehrere Trainingsprogramme dort, bilde Trainer aus und habe auch viel mit Frauen zu tun, die gerne Kampfsport betreiben möchten.

Frauenboxen ist olympisch geworden, wenn auch bei der Premiere in London nicht mit deutscher Beteiligung. Sie sind immer noch das Frauenboxen in Deutschland. Wie gehen Sie damit um?

Ich bin mir durchaus bewusst, dass ich einen Großteil dazu beigetragen habe. Aber auch wenn ich Pionierin war – es ist nach wie vor unheimlich schwer. Das Boxen, auch bei den Männern, lebt von den Charakteren. Das Gesamtbild muss stimmen, da ist nicht nur die sportliche Leistung gefragt, sondern auch Persönlichkeit. Bis man das Glück hat, auch live im Fernsehen gezeigt zu werden, ist es eine sehr schwierige Zeit.

Wie sind Sie selbst zum Kampfsport gekommen?

Eine Freundin machte damals Taekwondo, und die hat mich mit zum Training genommen. Also reiner Zufall. Aber ich habe schnell gemerkt, dass das eine gute Entscheidung war. Der Kampfsport liegt mir, und dabeizubleiben war meine Entscheidung. Ich habe es nicht begonnen, weil ich ein Problem hatte, mich durchzusetzen. Ich war ein sehr selbstbewusstes Kind. Aber diese Kontaktsportart hat etwas in mir ausgelöst. Dieser Wettkampfgedanke, die Stärkere zu sein, war bei mir von Anfang an unheimlich ausgeprägt. Das habe ich mir zunutze gemacht. Das war meine Bestimmung. Kampfsport war das, was ich wollte und auch am besten konnte.

Was bringt Frau Kampfsport?

Da kann ich nun wirklich aus jahrelanger Erfahrung sprechen. Ich war ja nicht nur Profiboxerin, sondern habe ganz klein angefangen. Mit elf Jahren hatte ich zum ersten Mal Kontakt, mit Judo, Taekwondo, auch mit Karate. Mir ist immer wieder aufgefallen, auch als ich später selbst andere trainiert habe, dass sich bei vielen Mädchen und Frauen das Bewusstsein ganz stark verändert, wenn sie Kampfsport machen. Es ist ein großer Unterschied, wenn man die ersten Stunden mit dem Training nach einem halben oder einem Jahr vergleicht: Sie stehen ganz anders da, aufrecht, selbstbewusst, mit ganz anderer Ausstrahlung und besserem Körpergefühl. Was in ihnen steckt, merken viele erst, wenn sie sich an einem Schlagkissen oder in Partnerarbeit messen.

Nun wollen Sie dem Sport auch etwas zurückgeben. Sie setzen sich gleich auf zwei Feldern ein, wo man Täter-Opfer-Beziehungen hat und wo man Schwachen helfen kann: beim Weißen Ring und als Schirmherrin des DOSB-Projektes. Warum haben Sie sich dafür entschieden?

Mir war immer klar, nach meinem letzten Kampf, dass ich auch etwas mit sozialen Projekten machen und mich für Frauen einsetzen möchte. Es ist für mich selbstverständlich. Ich denke, dass prominente Aushängeschilder oder auch Sportler, die Vorbild sind für so viele Jugendliche, eine ganz andere Reichweite haben. Da wollte ich auf jeden Fall etwas zurückgeben. Warum nicht die Popularität für etwas Gutes nutzen? Mir war nur nicht ganz klar, in welche Richtung, für welche Projekte, weil ja sehr viele Anfragen kommen. Dieses Projekt des Deutschen Olympischen Sportbundes wollte ich sofort unterstützen. Ein Projekt mit Frauen, die nicht dieses Selbstbewusstsein haben, das ich immer hatte.

Haben Sie schon Reaktionen Ihrer Arbeit erfahren?

Ich kann jetzt nur über Berlin sprechen, wo wir ja auch die Auftaktveranstaltung hatten. Da läuft es wirklich sehr gut. Wie es jetzt weitergeht in den verschiedenen Städten, da bin ich sehr gespannt. Ich glaube, dass es wichtig ist, dieses Thema immer wieder zu präsentieren. Es ist wichtig, dass die Journalisten und die Medien mitspielen und es nicht einfach tabuisieren.

Das DOSB-Projekt zeigt, dass es nicht allein auf den Sport ankommt, sondern auch auf Psychologie, Erziehung und Änderungen im Sozialen Umfeld. Können Sie sich dabei auch einbringen?

Klar, es reicht ja nicht, einen Judokurs zu belegen, sondern Bewegungsabläufe müssen über Jahre immer wieder trainiert werden. Es wäre schon gut, wenn sich Frauen dafür entschieden dabeizubleiben. Aber das ist der eine Teil. Der andere ist der psychologische, der eng mit dem Kampfsport zusammenhängt. Was strahle ich aus, wer bin ich, was kann ich? Wie weit kann ich gehen, und was sollte ich besser lassen? Das ist ein Bereich, da müssen auch Fachleute ran. Da kann ich weniger helfen. Ich kann dem Ganzen ein Gesicht geben und sagen: Dieses Thema ist wichtig, sprecht darüber, schaut nicht weg. Doch die eigentliche Arbeit kommt auf die Leute in den Vereinen zu.

Sind Sie selbst schon mit Fällen konfrontiert worden, bei denen Ihre Kampfsporterfahrung wichtig war?

Ich habe das schon häufig erlebt. Ich habe selbst am Anfang in der Männerdomäne Boxen auch die Unterdrückung gespürt. Das war nicht körperlich, das spielte sich auf einer anderen Ebene ab. Verbal, oder durch ein gewisses Handeln oder durch einen Ausdruck in den Augen mancher Männer. Das ist nicht greifbar. Es ist schwierig, das zu bezeichnen. Auch aus der Motivation heraus habe ich das gemacht.

Der DOSB hat Sie für Ihr Engagement mit seiner Ehrennadel ausgezeichnet. Was bedeutet Ihnen das?

Das ist für mich eine sehr schöne Auszeichnung. Ich habe mich darüber wahnsinnig gefreut. Nur braucht es für das, was ich mache, eigentlich keine Auszeichnung. Für mich ist das selbstverständlich. Aber ich sehe es als Anerkennung.

(Quelle: DOSB)


  • Regina Halmich wurde vom DOSB mit der Ehrennadel ausgezeichnet.  Foto: DOSB/Camera4
    Regina Halmich wurde vom DOSB mit der Ehrennadel ausgezeichnet. Foto: DOSB/Camera4