Rugby: Es ist geschafft, wir werden wieder gefördert

Gemeinsam mit Präsidiumsmitglied Jürgen Zeiger spricht DRV-Präsident Ralph Götz im Interview über schwere Zeiten im Verband am Rande der Insolvenz.

Der Rugby-Verband sieht nach der drohenden Insolvenz wieder besseren Zeiten entgegen. Foto: picture-alliance
Der Rugby-Verband sieht nach der drohenden Insolvenz wieder besseren Zeiten entgegen. Foto: picture-alliance

Es waren Nerven zerreißende Wochen und Monate. Nachdem der Deutsche Rugby- Verband 2010 aufgrund einer förmlich festgestellten Überschuldung keine Mittel der Öffentlichen Hand mehr erhalten hatte, standen auch 2011 die Zuschüsse erneut sehr lange zur Disposition. Es war ein Vorgang, der den Verband an den Rand einer Insolvenz führte. Über den aktuellen Stand der Dinge und die daraus resultierenden Konsequenzen für die Zukunft geben DRV-Präsident Ralph Götz und Präsidiumsmitglied Jürgen Zeiger, beide seit dem Juli 2011 neu im DRV-Führungsgremium, im Interview Auskunft.

Herr Götz, wie sieht es hinsichtlich des Zuwendungsbescheides aus den Bundesmitteln aus?

RALPH GÖTZ: Es ist geschafft – wir werden wieder gefördert, und die Erleichterung darüber ist unendlich groß. Für einen Außenstehenden ist es wahrscheinlich schwer nachzuvollziehen, aber die Situation war schon sehr bedrückend. Ständig wurde man gezwungen darüber nachzudenken, was passiert, wenn der Verband auch 2011 keine Förderung bekommt. Und das, obwohl man für diese missliche Situation nicht verantwortlich ist.

Herr Zeiger, hat das Präsidium schon konkrete Pläne gehabt für den Fall, dass die öffentliche Förderung auch 2011 ausbleibt?

JÜRGEN ZEIGER: Wir haben uns schon damit beschäftigt, aber die Aussichten wären fatal gewesen. Man muss dabei wissen, dass wir bei vielen übergeordneten Verbänden und Institutionen auf Null gesetzt worden wären. Das heißt konkret, alle Zuschüsse und Förderungen hätten neu beantragt werden müssen. Ein enormer bürokratischer Aufwand, und das unter dem Einfluss eines laufenden Insolvenzverfahrens. Ich persönlich glaube, dass dies auch die sportliche Handlungsfähigkeit in den nächsten Jahren sehr stark eingeschränkt. Die Experten haben uns geraten, alles zu tun, um einen Insolvenzantrag zu vermeiden.

Es gab aber auch Stimmen, die eine Insolvenz als einen reinigenden Prozess angesehen hätten.

ZEIGER: Diese Aussage halte ich für verantwortungslos und kann nicht glauben, dass eine Person, die sich ernsthaft mit diesem Thema auseinander gesetzt hat, dies als einen Weg aus der Krise aufzeichnen würde. Für uns gab es keine Alternative und wir haben alle Anstrengungen unternommen, um die Insolvenz zu verhindern. Es freut mich umso mehr, dass wir gerade auch Ratschlägen, den Ton gegenüber der Öffentlichen Hand drastisch zu verschärfen, aus tiefster Überzeugung nicht gefolgt sind. Dies hat sich ja nun auch als richtige Strategie erwiesen.

Eine wichtige Rolle hierbei haben ja wohl auch die Kreditgeber gespielt. Gab es zu dieser privaten Initiative jemals eine Alternative?

ZEIGER: Meiner Einschätzung nach nicht. Erst diese Initiative hat den Verband in die Lage versetzt, die Voraussetzungen für die Wiederaufnahme der Förderung durch BMI und DOSB zu schaffen. Ein wirkliches Verbandsvermögen gibt es nicht, die letzten Gelder waren vor einigen Wochen aufgebraucht. Erst die Unterzeichnung des Kreditvertrages und die zur Verfügung gestellte Summe hieraus haben den DRV wieder in eine handlungsfähige Position gebracht.

Gab es nicht einmal Momente, in denen Sie Ihren Amtsantritt im Sommer 2011 bereut haben?

GÖTZ: Hätten wir die wirklichen Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit mit BMI und DOSB gekannt, dann hätte ich sicherlich noch einmal ganz genau überlegt. Mir war nicht klar, dass der DRV hier durch sein Auftreten in der Vergangenheit erheblich an Vertrauen eingebüßt hatte. Ich muss zugeben, dass wir alle teilweise an die Grenzen des Machbaren gekommen sind. Die Belastungen resultierend aus diesem Prozess, in dem es immer wieder bittere Rückschläge gab, waren enorm hoch und haben nicht nur bei mir deutliche Spuren hinterlassen. Besonders bitter war die Erfahrung, dass diese existenziellen Probleme in der öffentlichen Diskussion natürlich gar nicht so wahrgenommen werden und Themen in den Mittelpunkt rücken, die für die Betroffenen zwar wichtig, für das deutsche Rugby aber momentan nicht entscheidend sind. Schließlich hätte eine Insolvenz einen dramatischen Einschnitt für unsere gesamte Sportart bedeutet.

War Ihnen mit Amtsantritt die schwierige Lage des Verbandes wirklich bewusst?

Götz: Viele entscheidende Informationen kannte ich nicht. Erst nach und nach wurde uns bewusst, wie tief der Karren im Dreck steckte. Egal wie man es betrachtet, erst die beharrliche Arbeit und der ständige Austausch zwischen uns und DOSB und BMI sowie anderen uns wohlgesonnenen Personen haben die Möglichkeit eröffnet, wieder in eine konstruktive Kommunikation im Sinne der Sportart herzustellen.

ZEIGER: Das zeigen allein die Gespräche der letzten Monate deutlich auf. Hier musste erst ein-mal massiv wieder um Vertrauen geworben werden. Und dieses Thema wird uns weiter verfolgen. Wir sind als Olympische Sportart ab 2013 deutlich aufgefordert, mit entsprechenden Konzepten unsere Leistungsfähigkeit nachzuweisen. Wir haben einen großen Schritt nach vorn ge-macht, aber es ist nur ein Schritt auf einem langen Weg.

GÖTZ: Erst jetzt bekommen wir den Freiraum, uns auch um andere Punkte wirklich kümmern zu können. Wäre eine Insolvenz nicht verhindert worden, dann hätte es diesen Verband in dieser Form nicht mehr gegeben. Wir hätten unser Personal entlassen und in vielen Bereichen gänzlich wieder von vorne beginnen müssen.

Dann ist jetzt erst einmal Durchatmen angesagt?

Götz: Tatsächlich habe ich am Abend, als der Bewilligungsbescheid bei uns ankam, erst einmal zehn Minuten inne gehalten. Ich freue mich für das deutsche Rugby und uns alle, die in den letzten Monaten mit so viel persönlichem Einsatz und teilweise auch finanzieller Unterstützung für den Erhalt des Verbandes gekämpft haben. Und ich bin auch sehr dankbar, dass das neue Präsidium von vielen Seiten so viel Unterstützung bekommen hat. Trotzdem war auch gleich der Gedanke da, was müssen wir als nächstes anpacken?

ZEIGER: „Und in Zukunft liegen noch sehr viele Aufgaben vor uns. Der Verband muss sich wandeln, strukturell besser aufstellen. Wir haben eine einmalige Chance, Rugby in Deutschland nachhaltig weiterzuentwickeln. Bislang wurde es versäumt, das konzeptionell einzuleiten. 

(Quelle: DRV)


  • Der Rugby-Verband sieht nach der drohenden Insolvenz wieder besseren Zeiten entgegen. Foto: picture-alliance
    Der Rugby-Verband sieht nach der drohenden Insolvenz wieder besseren Zeiten entgegen. Foto: picture-alliance