Schluss mit der Kinderfeindlichkeit!

 

Rasen betreten verboten! Klettern verboten! Spielen verboten! Kinder erleben schon sehr früh, dass ihrem Bewegungsdrang mit dem drohenden Zeigefinger von

Erwachsenen Einhalt geboten wird: Toben verboten, bewegen verboten - das ist das, was sie überall immer noch zu hören bekommen. Selbst da, wo Spielen erlaubt sein sollte, etwa im Kindergarten oder auf dem Schulsportplatz.

Deutschland ist ein kinderfeindliches Land, besonders auch was das bewegte Kind angeht. Seit nun über 40 Jahren versuchen Sportpädagogen, Kinderärzte und Sportfunktionäre dieser Gesellschaft klar zu machen, dass Sportunterricht in der Schule genau so wichtig ist wie Mathematik oder Deutsch. Und nicht zuletzt die Pisa-Studie unterstreicht, dass Jungen und Mädchen in den Ländern, in denen sie gute Kopfarbeit leisten, auch körperlich gefordert und gefördert werden. In vielen Staaten wurde mittlerweile von Bildungs- und Gesundheitspolitikern umgesetzt, was Experten wie die Sportwissenschaftlerin Renate Zimmer seit Jahren hier fordern: Schon Babys sollten sich ihre Welt auch körperlich erarbeiten, denn Bewegungsförderung ist auch Gesundheitsförderung. Doch irgendwie haben Erwachsene bei uns offensichtlich vergessen, wie sie sich ihren „Abenteuerspielplatz Leben“ erobert haben. Für manche Erzieherin, so scheint es, bricht schon die Anarchie aus, wenn die Kleinsten in ihrer Gruppe statt malen mal lieber schaukeln wollen. Stillsitzen ist die Order, toben kommt später.

Kindergärten und Schule sind so oft Experimentierfeld für alle möglichen Unsinnigkeiten, die sich Kultusminister und ihre sitzenden Beamten ausdenken, aber in Sachen Bewegung zeigen sich die wenigsten beweglich. Dabei wäre die Präventivmaßnahme Sport schon in jungen Jahren auch eine Möglichkeit, Kosten im Gesundheitssystem zu dämpfen: Haltungsschäden, Übergewicht, Essstörungen sind Zivilisationskrankheiten, die Kindern „anerzogen“ werden, wie auch Bequemlichkeit oder Langeweile. Gefahr erkannt: Erfreulicherweise haben in einer Reihe von Bundesländern, etwa Berlin, Hessen, Bremen oder Nordrhein-Westfalen, politisch Verantwortliche gehandelt. Und gerne haben kommunale Kindergärten beispielsweise das Bewegungsangebot von Sportvereinen angenommen: So wurden aus zaghaften Versuchen mittlerweile beispielhafte Projekte, die kostengünstig und vor Ort „Kindheit in Bewegung“ bringen. Kleine kommen „groß raus“, wenn die Erwachsenen es zulassen. Also weg mit den Verbotsschildern und rauf auf die Wiese: Fröhliche Kinder stecken mit ihrer guten Laune sogar oft miesepetrige „Große“ an. Schon das wäre ein Erfolg in dieser oft sauertöpfischen Republik.