„Sportschießen ist ein Sport der Generationen“

Mit seiner Grundsatzrede beim 57. Deutschen Schützentag hat der Präsident des Deutschen Schützenbundes (DSB), Josef Ambacher, nicht nur eine Rückschau gehalten.

Josef Ambacher ist Präsident des Deutschen Schützenbundes. Foto: picture-alliance
Josef Ambacher ist Präsident des Deutschen Schützenbundes. Foto: picture-alliance

Er nahm die Ansprache zum Anlass, im Jahre des 150-jährigen Jubiläums des ältesten deutschen Spitzensportverbandes auch in die Zukunft zu blicken. Die Rede wird hier in Auszügen dokumentiert:

"In diesem Jahr jährt sich die Gründung unseres Deutschen Schützenbundes zum 150. Mal. Hinter uns liegt eine bewegte Schützengeschichte, vor uns hoffentlich eine gelingende Zukunft. (...) Kein anderer Spitzensportverband kann auf eine derart lange, facettenreiche Geschichte seit 1861 zurückblicken, nur wenige andere Verbände haben so engagierte Mitglieder und so erfolgreiche Sportlerinnen und Sportler in ihren Reihen.

(...) Doch die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen in dieser Zeit sind auch am Deutschen Schützenbund, an seiner Tradition, seinem Sport und seinen Mitgliedern nicht spurlos vorüber gegangen. (...) Ein beherztes "Weiter so!" ist garantiert die falsche Antwort auf die vielen Herausforderungen, die vor uns liegen. (...) Setzen wir uns ein für neue Perspektiven und tragfähige Konzepte, die den Deutschen Schützenbund, seine Landesverbände und ihre zahlreichen Vereine weiterbringen und ihn auch zukünftig für möglichst viele Menschen in unserem Land interessant und attraktiv machen.

Transparenz gegen Polarisierung in den Medien

(...) Unser Sport, unsere vielfältigen Disziplinen und das Schützenbrauchtum hängen direkt von der gesellschaftlichen Akzeptanz ab, die man uns entgegen bringt. Die Schützinnen und Schützen kamen schon immer aus der Mitte der Gesellschaft, dort sind sie zu Hause, und dort wollen wir auch weiterhin unseren festen Platz haben. In den vergangenen Jahren ist es ganz deutlich geworden: Die Medien neigen zu immer stärkerer Polarisierung, sie spitzen zu und zeichnen nicht selten nur schwarzweiß. Wir setzen Transparenz, ein aufgeschlossenes Auftreten und so viele sachliche Informationen wie möglich dagegen, denn nur so werden wir in einer sich dramatisch wandelnden Medienwelt Gehör finden.

Dass wir mit dieser umsichtigen Kommunikation richtig liegen, bestätigen mir immer wieder die vielen Vertreter aus dem deutschen Sport und der Politik: Der Deutsche Schützenbund wird als seriöser, verlässlicher und verantwortungsvoller Gesprächspartner geschätzt. Zugleich haben wir in den vergangenen Jahren jede sich bietende Möglichkeit genutzt, um mit ganz unterschiedlichen Interessensgruppen ins Gespräch zu kommen, Standpunkte auszutauschen und zukünftige Entwicklungen zu diskutieren. Genauso nutzen wir die neuen Medien zur unmittelbaren Kommunikation. Das sind wir einer interessierten Öffentlichkeit schuldig und dafür danke ich allen im Bundesverband, in den Landesverbänden und Vereinen, die hieran mit großem Einsatz mitgearbeitet haben.

Und noch etwas: Der Deutsche Schützenbund kümmert sich entschieden um eine angemessene Interessensvertretung unserer Mitglieder – längst nicht mehr nur in den Ländern oder in Berlin. Der Großteil aller Entscheidungen fällt inzwischen bei der EU in Brüssel oder sogar bei den Vereinten Nationen in New York – hier müssen wir ansetzen und aktiv sein. Ich erinnere Sie in diesem Zusammenhang nur an das UN-Feuerwaffenprotokoll und die EU-Richtlinie zum Transport von Sportwaffen und Munition, die unmittelbar geltendes Recht in Deutschland wurde. (...)

Herausragende ehrenamtliche Leistungen

Unterstützung und Hilfe sind ebenfalls zwei wichtige Stichworte, wenn ich an die Zukunft unseres Verbandes denke. Ich habe es eingangs schon erwähnt, die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz unseres Sports und unserer Tradition ist in den vergangenen Jahren in erheblichem Maße in das Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Das ist ohne Frage ein Themenfeld, dem wir in den nächsten Jahren noch viel mehr Beachtung schenken müssen. Zugleich sage ich aber auch: Die ehrenamtlichen Leistungen unserer Mitglieder sind herausragend, das ist mir gerade in den vergangenen zwei Jahren mehr als positiv aufgefallen. Viel zu viele Vereine stellen ihr Licht noch immer zu Unrecht unter den Scheffel. Sie tun Gutes – aber reden nicht darüber.

(...) In einer Zeit, in der nicht selten die Ellenbogen regieren und der Egoismus auf gefährliche Art um sich greift, setzen die Schützinnen und Schützen mit ihren Leistungen einen respektablen Kontrapunkt. Innerhalb kurzer Zeit konnte der Deutsche Schützenbund schon 18 Schützenvereine und zahlreiche "Stille Stars" auszeichnen, die im wahrsten Sinne des Wortes Schützenhilfe geleistet haben, die sich dem Gemeinwohl verpflichtet fühlen und die immer wieder aufs Neue beweisen, dass der Deutsche Schützenbund eben doch mehr ist als "nur" ein Sportverband unter vielen. (...) Wenn jetzt noch immer manche Politikerin fragt: Wozu braucht es Schützen?, ja dann kann ich das nur als Schlag ins Gesicht unserer engagierten Mitglieder auffassen. (...)

Der Deutsche Olympische Sportbund und die Sporthochschule Köln analysieren im Rahmen der Sportentwicklungsberichte auch die Situation der Schützenvereine eingehend. Zum Thema soziale und gesellschaftliche Wertschöpfung fällt das Fazit unmissverständlich aus: Die etwa 90.000 Vereine unter dem Dach des Deutschen Olympischen Sportbundes sorgen jährlich für eine soziale Wertschöpfung von 6,7 Milliarden Euro. Umgerechnet auf unsere 15.000 Schützenvereine heißt das: Unser Schützenengagement lässt sich jährlich auf nicht weniger als 1 Milliarde Euro beziffern, die der Gesellschaft und dem Gemeinwohl zu Gute kommen. (...) Das ist bürgerschaftliches Engagement erster Klasse.

Null Toleranz bei Aufbewahrung von Sportwaffen und Munition

In diesem Zusammenhang sei mir ein weiterer Punkt erlaubt, viele von Ihnen können ihn wahrscheinlich schon gar nicht mehr hören – es geht um die immer weiter zunehmende Bürokratie. (...) Wir werden als Deutscher Schützenbund bestimmt nicht tatenlos zusehen, wie immer weiter eingeschränkt, limitiert und geregelt wird (...). Aber das betone ich auch: Man kann natürlich gegen immer neue Gesetze und Erlasse sein, und wenn es um unser strenges deutsches Waffengesetz geht, treten wir immer für Augenmaß und Umsicht ein. Alle Änderungen oder Verschärfungen, die nicht nachweislich der Sicherheit dienen, tragen wir nicht mit. Umgekehrt gilt jedoch unverändert: Null Toleranz bei der Aufbewahrung von Sportwaffen und Munition. Diese müssen jederzeit sicher und ordnungsgemäß gelagert werden. Jeder, der dagegen verstößt, muss mit der vollen Härte des Gesetzes konfrontiert werden.

(...) Vergessen Sie bei allen verbandlichen Aktivitäten nicht, dass das Sportschießen wie kaum eine andere Sportart ein Sport der Generationen ist. Alle Altersklassen sind unsere Zielgruppen, wir haben für alle etwas zu bieten und sicherlich die richtigen Angebote. Gerade der Jugend und den Senioren müssen wir dabei unsere volle Aufmerksamkeit schenken.

Forschungsprojekt untersucht Wert für Kinder und Jugendliche

(...) Mit Professor Lange – er ist Sportwissenschaftler an der Universität Würzburg – haben wir dazu ein Forschungsprojekt initiiert, das besonders den Wert unseres Sports für Kinder und Jugendliche untersuchen wird. Ich bin fest davon überzeugt, dass uns dies in einer öffentlich oft sehr einseitig und verkürzt geführten Debatte wichtige Argumente und objektive Fakten liefern wird.

Schon im nächsten Jahr sollen erste Zwischenergebnisse dieses Forschungsprojekts zur Verfügung stehen. Ich lege größten Wert darauf, dass diese Informationen allen Landesverbänden umgehend und ausführlich kommuniziert werden, damit auch sie von dieser Untersuchung und den wissenschaftlichen Fakten bei ihrer täglichen Arbeit mit Behörden, Schulen und Pressevertretern profitieren können.

(...) Wir sind ein Spitzensportverband, wir wollen es auch weiterhin bleiben – mit Erfolg und guten sportlichen Leistungen unserer Athletinnen und Athleten. Doch ich sehe auch, dass der internationale Wettbewerb im Leistungssport zunehmend stärker wird. Das Klima wird rauer für unsere Schützen, andere Nationen haben beträchtlich zugelegt. Und bitte vergessen Sie das nicht: In Deutschland werden nur erfolgreiche Sportverbände gefördert, es gibt knallharte Zielvereinbarungen, vieles läuft nur noch über kurzfristige Projektförderungen und ist an strenge Evaluationen gebunden. Die Zeiten haben sich auch im Spitzensport massiv verändert.

Eindrucksvolle Heim-WM 2010

Daher meine klare Aussage: Die Zukunft unseres Verbandes, die Finanzen unseres Deutschen Schützenbundes und seiner Landesverbände, hängen auch zu einem großen Teil an den spitzensportlichen Leistungen und den Erfolgen, die wir nach Hause bringen. Das geht uns alle an, der Spitzensport muss uns etwas wert sein, damit er eine Zukunft hat und damit unsere Athletinnen und Athleten auch weiterhin die ersten Medaillen bei den Olympischen Spielen holen.

Neben vielen kleinen und großen Ereignissen möchte ich uns alle noch einmal an die Weltmeisterschaft im Sportschießen erinnern, die wir im letzten Jahr auf der Olympiaschießanlage in Hochbrück organisiert – oder soll ich besser sagen – gefeiert haben.

Wir hatten ein "Festival des internationalen Schießsports" angekündigt und bestimmt nicht zuviel versprochen. "Die beste WM aller Zeiten" nannte es der Internationale Schießsportverband, und ich selbst war überwältigt von den mehr als 2.500 Athletinnen und Athleten, ihren Leistungen, ihrem friedlichen und harmonischen Miteinander und natürlich von den vielen tausend Zuschauern, die begeistert dabei waren.

(...) Die Heim-WM hat eindrucksvoll bewiesen, wozu wir Schützinnen und Schützen in der Lage sind, wenn wir alle an einem Strang ziehen und gemeinsam anpacken. Dann schaffen wir Großes und arbeiten an der Zukunft unseres Verbandes. (...)


  • Josef Ambacher ist Präsident des Deutschen Schützenbundes. Foto: picture-alliance
    Josef Ambacher ist Präsident des Deutschen Schützenbundes. Foto: picture-alliance