Stellungnahme der Spitzenverbände zum Referentenentwurf des Sportfördergesetzes

Mit großer Enttäuschung haben die Spitzenverbände des deutschen Sports den Referentenentwurf des Bundesinnenministeriums zum Sportfördergesetz zur Kenntnis genommen und lehnen ihn in dieser Form ab.

Neben der Tatsache, dass dieser Entwurf ohne die Beteiligung des organisierten Sports bereits in die einzelnen Bundesministerien zur Ressortabstimmung gegeben wurde, speist sich diese Enttäuschung vor allem aus der Erwartungshaltung von circa anderthalbjähriger gemein-samer Arbeit in mehreren Arbeitsgruppen, in die sich der organisierte Sport engagiert und konstruk-tiv eingebracht hatte.

Dies geschah aus dem tiefen Bekenntnis aller Sport-Vertreter zu den Zielen der Leistungssportre-form und eines neuen Sportfördergesetzes, wie sie auch im zwischenzeitlichen Grobkonzept und dem Feinkonzept verabredet, nun im Referentenentwurf aber zum großen Teil nicht berücksichtigt worden sind: den deutschen Sport wettbewerbsfähig machen und den Athletinnen und Athleten so-wie ihren Trainerinnen und Trainern die bestmögliche Förderung zukommen lassen, dazu gehört u.a. die Förderung aus einer Hand, die Mehrjährigkeit, der Bürokratieabbau und Aufbau des Leis-tungssportpersonals.

Diesen Zielen der Leistungssportreform fühlen sich die Spitzenverbände weiterhin uneingeschränkt verpflichtet. Der vorliegende Gesetzentwurf wird diesen Zielen jedoch bei weitem nicht gerecht. Die Spitzenverbände sehen u.a. folgende Aspekte des Gesetzentwurfs kritisch:

  • Förderkonzepte müssen vom Stiftungsrat beschlossen und vom BMI genehmigt werden. Die Freiheit des Vorstands der Stiftung ist damit sehr eng gefasst bzw. faktisch ausgehöhlt. Von einer unabhängigen und eigenverantwortlichen Agentur kann nicht die Rede sein.
  • Die Sportagentur ist ein zusätzlicher Akteur mit erheblichen Mehrkosten, ohne dass das Ziel eines so nötigen Bürokratieabbaus – der ansonsten auch ohne Gesetz möglich wäre und als solcher bereits seit Jahren gefordert wird –, einer verbesserten Flexibilisierung der För-derung, einer Förderung und Steuerung aus einer Hand erreicht wird.
  • Der Referentenentwurf greift wesentliche Fragestellungen, dringend gebotene sportpoliti-sche, strategische Grundsatzentscheidungen nicht auf, überlässt diese vielmehr der Arbeit in der Agentur, welche diese Entscheidungen in der Stiftungssatzung oder mittels Förder-konzepte/Förderentscheidungen trifft. So überlässt es der Referentenentwurf der Entschei-dung der Agentur und damit letztlich dem BMI, wie das Stützpunktsystem konkret ausgestal-tet wird. Sportfachlich begründete Abweichungen bedürfen jedoch einer gesetzlichen Grundlage (Öffnungsklausel).
  • Bislang wurde die Sportförderung des Bundes von der grundgesetzlichen Zuständigkeit des Bundes für internationale Angelegenheiten abgeleitet und auf der Basis einer Richtlinie vor allem der Spitzensport, bei Bundesrelevanz jedoch auch der Breitensport staatlich gefördert. Ein Gesetz für die Sportförderung muss die bundesstaatliche Sportförderung in Gänze ab-bilden.
  • Die Möglichkeit der Agentur auch Privatmittel einzuwerben, um so eine Förderung ohne die strengen Vorgaben des Haushaltsrechts zu ermöglichen, reduziert die Möglichkeiten des organisierten Sports, selbst Sponsoringeinnahmen durch die private Wirtschaft zu erlangen und unmittelbar, flexibel im Sport einsetzen zu können. Gleichzeitig droht damit die Möglich-keit der Reduzierung staatlicher Sportförderung, als Einstieg in den Ausstieg staatlicher Sportförderung. Im Ergebnis könnte damit ein Rückgang der finanziellen Ausstattung des Leistungssports entstehen, weshalb die Möglichkeit der Einwerbung privatwirtschaftlicher Gelder für die Agentur und deren Aufgaben abgelehnt wird.

Das BMI wird aufgefordert, zur bisherigen vertrauensvollen, partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen den am Prozess beteiligten Stakeholdern zurückzukehren und den vorliegenden Gesetz-entwurf insbesondere hinsichtlich der obengenannten Kritikpunkte zu überarbeiten. Andernfalls se-hen die Spitzenverbände kein Fundament für eine zielführende Umsetzung der so wichtigen, ge-meinsam angestoßenen Reform. Schließlich sind es die Spitzenverbände, welche die Athletinnen und Athleten in die Lage versetzen müssen, internationale Spitzenleistungen zu erbringen.

(Andreas Michelmann, Sprecher der Spitzenverbände im DOSB)