Stichwort Dopingbekämpfung: Interview mit dem WADA-Vorsitzenden Richard Pound

Im November scheidet der WADA-Vorsitzende Richard Pound nach acht Jahren aus seinem Amt. Mit der DOSB-Presse sprach er über die deutsche Null-Toleranz-Politik, die Zusammenarbeit von Sport und Staat und "saubere" Olympische Spiele in Peking.

Der scheidende WADA-Chef Richard Pound lobt die deutsche Initiative zur Anti-Doping-Bekämpfung. Copyright: picture-alliance
Der scheidende WADA-Chef Richard Pound lobt die deutsche Initiative zur Anti-Doping-Bekämpfung. Copyright: picture-alliance

DOSB PRESSE: Doping steht hierzulande seit einigen Wochen in den Schlagzeilen von Presse, Funk und Fernsehen. Wie lautet Ihr Testat zur deutschen Null-Toleranz-Politik? 

POUND: Deutschland ist staatspolitisch gesehen einer der Global Player, und auch in der Dopingbekämpfung ist Deutschland weltweit ein führendes Land. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Wir bei der WADA erwarten das auch von diesem großen Land, und diese Erwartungen wurden stets erfüllt. Als die WADA gegründet wurde und der Welt-Antidoping-Code konzipiert wurde, fanden wir stets große Unterstützung und sehr viel Hilfe von Deutschland. Und die Bundesregierung hat ihre Zusagen gehalten und ihren Beitrag zur Finanzierung der WADA geleistet. 

DOSB PRESSE: 611.000 Euro zahlt der Bund in diesem Jahr als Zuwendung. Und wie funktioniert das Verhältnis zwischen Sport und Staat?  

POUND: Ich war ja am 21. Juni mit meinem deutschen IOC-Kollegen Dr. Thomas Bach zu Gast bei Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble. Dabei habe ich unterstrichen, es gebe in Deutschland eine sehr gute Kooperation zwischen Sport und Politik. Jeder versteht doch: Kein Partner kann in der Dopingbekämpfung alleine das tun, was hundertprozentig nötig wäre. Deshalb müssen Sport und Staat zusammenarbeiten. Da der Sport viel effektiver und schneller das aktive Dopen von Athleten sanktionieren kann, ist auf diesem Sektor der Staat nicht gefordert. Nationalstaatliche Aufgabe ist es, mit den Instrumenten des Strafrechts das kriminelle Umfeld des Dopings zu bekämpfen. Der aktuelle Gesetzentwurf der Bundesregierung, den ich studiert habe, sieht diese ergänzende Partnerschaft zweckgerichtet vor. Also, in Deutschland gibt es eine vorbildliche Anti-Doping-Zusammenarbeit zwischen dem Sport und dem Staat. 

DOSB PRESSE: Vor den Olympischen Sommerspielen 2008 in Peking müsste doch wohl ein neues Kapitel der internationalen Dopingbekämpfung aufgeschlagen werden. Sollte der Kampf gegen die biochemische Manipulation nicht schon weit vor den Spielen deutlich akzentuiert werden?

POUND: Selbstverständlich! Jede Sportnation weltweit ist sich des Problems bewusst und leitet auch Maßnahmen ein. Und jedes Nationale
Olympische Komitee weiß, dass in Peking nur saubere, absolut dopingfreie Sportler an den Start gehen dürfen. Deshalb werden in den kommenden Monaten global die Anzahl der Trainingskontrollen zunehmen. Bei den Spielen selbst werden das IOC, die WADA, das Pekinger Organisationskomitee und der chinesische Antidoping-Stab eine hohe Qualität von Tests anbieten. China wird das Beste aufbringen müssen, um die ganze Welt zufrieden stellen zu können. Und die Chinesen selbst werden ein hartes Testprogramm für ihre eigenen Athleten auflegen. 

DOSB PRESSE: Im November bei der WADA-Konferenz in Madrid heißt es für Sie, Mr. Pound, time to say good-bye. Scheiden Sie aus dem Ehrenamt des WADA-Chefs mit einer Träne im Auge?  

POUND: Ja und nein. Ich werde natürlich weiterhin in der olympischen Bewegung initiativ tätig sein. Aber es ist jetzt an der Zeit, dass ich mich nach acht Jahren aus der WADA-Führung verabschiede. Ohne unbescheiden zu sein, denke ich, dass ich einen guten Job geleistet habe. Andererseits sage ich frank und frei: Niemand ist unersetzlich. Ich werde auch die Botschaft verkünden: Der Vorsitzende der WADA sollte nicht nur von den Sportorganisationen gestellt werden. Nationale Regierungen zahlen die Hälfte des Budgets, 50 Prozent bringt der Sport auf. Jetzt ist es an der Zeit, dass wir den staatlichen Repräsentanten die Möglichkeit einräumen, einen Kandidaten für den Vorsitz zu stellen. Wir kommen sowieso in die Phase, dass sich die Nationalstaaten immer stärker bei der WADA engagieren werden. Damit können sie dem Sport ganz konkret helfen. Die WADA braucht jetzt frische Kräfte. 

DOSB PRESSE: Wo wird zukünftig das WADA-Hauptquartier sein? 

POUND: Die WADA wird vorerst bis 2012 in Montreal bleiben. Ich hoffe, dass nicht jede große Einrichtung in Europa angesiedelt wird. Auch in anderen Erdteilen sollten solche Institutionen ihren Arbeitsstab konzentrieren. Kanada ist ein unabhängiges Land, riesengroß, wenngleich mit kleiner Einwohnerzahl. Montreal ist eine internationale Stadt und somit der ideale Standort für das WADA-Hauptquartier.


  • Der scheidende WADA-Chef Richard Pound lobt die deutsche Initiative zur Anti-Doping-Bekämpfung. Copyright: picture-alliance
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