Thomas Bach: Ringen hat weiter eine Chance auf Olympiastatus

Über die Zukunft des Ringens bei Olympischen Spielen ist noch nicht endgültig entschieden, betonte DOSB-Präsident Thomas Bach gegenüber Medienvertretern.

DOSB-Präsident Thomas Bach erläutert die Entscheidung des IOC für die 25 Kernsportarten bei Olympischen Spielen. Foto: picture-alliance/Jan Haas
DOSB-Präsident Thomas Bach erläutert die Entscheidung des IOC für die 25 Kernsportarten bei Olympischen Spielen. Foto: picture-alliance/Jan Haas

Die Exekutive des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) hat in der vergangenen Woche (12. Februar) 25 Kernsportarten für die Olympischen Spiele 2020 ausgewählt. Ringen zählt aus dem Kreis der zuletzt in London 26 Olympischen Sportarten nicht mehr dazu. Die Sportart konkurriert nun mit sieben weiteren Sportarten (Baseball/Softball, Sportklettern, Karate, Rollersport, Squash, Wakeboard und Wushu) um einen Platz bei den Olympischen Spielen in sieben Jahren, ist in dreieinhalb Jahren in Rio aber noch sicher dabei.

Neben den 25 Kernsportarten und der noch zu bestimmenden 26. Sportart sind Golf und Rugby 2020 olympisch. Beide sind schon 2016 in Rio erstmals wieder dabei. Sie waren auf der IOC-Vollversammlung 2009 in Kopenhagen für zunächst zwei Spiele ins Olympiaprogramm aufgenommen worden.

Die Entscheidung über die 25 Kernsportarten erläuterte DOSB-Präsident Thomas Bach in den vergangenen Tagen im Interview mit der Sportschau und gegenüber zahlreichen anderen Medien. Bach, zugleich IOC-Vizepräsident, gehört zusammen mit Claudia Bokel, der Vorsitzenden der IOC-Athletenkommission, der IOC-Exekutive an.

Herr Bach, Ringen steht als Olympische Sportart zur Disposition. Hat Sie die heftige Reaktion, die es in einigen Ländern gab, überrascht und wie bewerten Sie diese?

THOMAS BACH: Das IOC hatte eine extrem schwierige Entscheidung zu treffen. Dass die betroffene Sportart sich wehrt und davon nicht begeistert ist, war zu erwarten. Stellen Sie sich vor, wir hätten im 150. Geburtsjahr von Pierre de Coubertin, dem Begründer der Olympischen Spiele und des Modernen Fünfkampfes, diese Sportart aus den Kernsportarten gestrichen. Es hätte einen ähnlichen Aufschrei gegeben. Gleiches hätte für die anderen betroffenen Sportarten gegolten. Natürlich wird insbesondere in den Ländern, in denen Ringen viel zum Erfolg bei Olympischen Spielen beiträgt, das sehr, sehr kritisch gesehen. Das ist normal. Bei der Reaktion von Publikum und Medien würde ich mir wünschen, dass sich die Leidenschaft, die jetzt für Ringen und für vergleichbare Sportarten gezeigt wird, in Zukunft dann auch in der Berichterstattung über sportliche Ereignisse und Besuchen in diesen Sportarten fortsetzt.

Sie haben von einem schwierigen Entscheidungsprozess gesprochen. Wie kann man sich das vorstellen? Was haben Sie erwogen?

Die Programmkommission des IOC war beauftragt, anhand von 39 Kriterien und über 70 weiteren Fragen hier ein Vergleich zwischen den verschiedenen Sportarten zu ermöglichen. Dort spielt die Popularität der Sportart eine Rolle, aber auch beispielsweise, ob die Athleten durch Athletenkommissionen genügend Einfluss haben, das Anti-Doping-Programm, die Einbeziehung von Frauen und vieles andere mehr.

Jetzt ist es erstmal nur ein Vorschlag. Können die Ringer denn noch etwas tun, um ihre Zukunft als Olympische Sportart zu sichern?

Die Ringer haben gut reagiert. Sie saßen schon am Wochenende zusammen, um zu überlegen, wie sie die Kritikpunkte ausräumen können, die ja durchaus auch aus dem Ringerlager selbst kommen: das Reglement beispielsweise. Aber ich hoffe auch die anderen genannten Punkte wie die Einbeziehung der Athleten in die Entscheidungsfindung, Verbesserung des Wettkampfprogramms und anderes mehr. Wir sind im ersten von drei Akten der Entscheidungsfindung. Es galt in Lausanne zunächst einmal die 25 Olympischen Kernsportarten festzulegen. Das ist geschehen, dazu gehört Ringen nicht. Nun wird im zweiten Akt zusammen mit sieben weiteren Kandidatensportarten wie zum Beispiel Rollerskating, Klettern, Squash und anderen, wieder untereinander verglichen, um zu sehen, welche dieser Sportarten am besten zu Olympischen Spielen passt. Ich gehe davon aus, dass die IOC-Exekutive dann im Mai in St. Petersburg eine sogenannte Shortlist erstellt, die anschließend der 125. IOC-Mitgliederversammlung im September in Buenos Aires vorgelegt wird. Die Mitglieder werden dann in der Lage sein, aus dieser Shortliste die Sportart zu wählen, von der sie glauben, dass sie am besten zur Zukunft der Olympischen Spiele passt.

Ringen ist ja eine von den Sportarten, die schon auf den griechischen Vasen aus der Antike zu sehen ist. Ist es nicht trotzdem eine ziemliche Gratwanderung, wenn so eine wirklich mit großer Tradition verbundene Sportart zur Disposition gestellt wird?

Ringen hat eine unbestritten große, wenn nicht einzigartige, Tradition bei Olympischen Spielen. Aber die Welt entwickelt sich weiter und Traditionen gibt es auch in anderen Sportarten. Sportarten müssen insgesamt auch für die heutige Jugend interessant und attraktiv sein. Die Ringer, glaube ich, haben das verstanden. Sie werden nun ein Programm entwerfen, mit dem Ringen verständlicher gemacht werden kann, mit dem Ringen mehr Publikum, auch mehr Medienaufmerksamkeit erregen kann, um als Sportart in dieser sich schnell verändernden Welt überlebensfähig zu bleiben. Das ist genau der richtige Ansatz.

Wir sind hier in Tauberbischofsheim. Hier gibt es Fechten als Olympiastützpunkt. Sie haben selbst gefochten und dabei große Erfolge erzielt. Wenn Sie jetzt aufzählen, dass Ringen eine Sportart ist, die besser vermittelt werden muss. Kommt Ihnen dabei manchmal auch der Gedanke ans Fechten und das dort Ähnliches passieren könnte?

Es sind alle Sportarten von der Programmkommission verglichen worden. Das Stimmergebnis haben Sie gesehen. Alle Sportarten stehen unter dem Druck der Anpassung an moderne Erfordernisse. Schauen Sie sich an, was beispielsweise im Biathlon geschehen ist, was im Tennis passierte und was in vielen anderen Sportarten unternommen wurde, um attraktiv zu bleiben für die Jugend. Das gilt fürs Fechten genauso wie für viele andere.

Wie ist die Haltung des DOSB zur Entscheidung, Ringen nicht in den Kreis der Kernsportarten aufzunehmen?

Der DOSB ist für alle seine 62 Spitzenverbände und insgesamt 98 Mitgliedsorganisationen gleichermaßen verantwortlich. Er steht allen mit Rat und Tat zur Seite. Das gilt fürs Ringen ebenso wie für die anderen Verbände, die sich um Aufnahme ins Olympische Programm bewerben.

Die 25 Olympischen Kernsportarten für die Spiele 2020 sind (in alphabetischer Reihenfolge):

Badminton

Basketball

Bogenschießen

Boxen

Fechten

Fußball

Gewichtheben

Handball

Hockey

Judo

Kanu

Leichtathletik

Moderner Fünfkampf

Radsport

Reiten

Rudern

Schießen

Schwimmen

Segeln

Taekwondo

Tennis

Tischtennis

Triathlon

Turnen

Volleyball

Außerdem sind bei den Spielen 2016 und 2020 olympisch:

Golf

Rugby

 

(Quelle: DOSB)


  • DOSB-Präsident Thomas Bach erläutert die Entscheidung des IOC für die 25 Kernsportarten bei Olympischen Spielen. Foto: picture-alliance/Jan Haas
    DOSB-Präsident Thomas Bach erläutert die Entscheidung des IOC für die 25 Kernsportarten bei Olympischen Spielen. Foto: picture-alliance/Jan Haas