Vereinssport verdient Unterstützung für Integrationsleistung

Der Ausbau von „Frei-Räumen“ für Spiel und Sport in Städten ist zu begrüßen, findet Autor Professor Rainer Danielzyk, denn Sport unterstützt die Integration von Zuwanderern.

Gut organisierter Vereinssport hat eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für den Zusammenhalt städtischer Gesellschaften. Foto: LSB NRW
Gut organisierter Vereinssport hat eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für den Zusammenhalt städtischer Gesellschaften. Foto: LSB NRW

Gegenwärtig ist häufig von einer „Renaissance der Städte“ und von neuen Tendenzen zu einer Reurbanisierung die Rede. Ein Blick auf die Daten zur Stadtentwicklung in der Bundesrepublik zeigt aber, dass es höchst unterschiedliche Tendenzen gibt.

Zum einen gibt es in der Tat Städte, die Dank hochrangiger Bildungseinrichtungen wie beispielsweise Universitäten und wegen eines dynamischen Dienstleistungssektors sehr attraktiv sind, Zuwanderer anziehen und bevölkerungsmäßig wachsen. Dabei handelt es sich keineswegs nur um große Metropolen, sondern auch um mittelgroße Universitäts- und Dienstleistungsstandorte. Zum anderen gibt es aber auch Städte, die nach dem Wegbrechen ehemals dominanter Industriezweige wie Montanindustrie, Schiffbau und Textilindustrie Schwierigkeiten haben, wieder wirtschaftliche Bedeutung zu erlangen. Städte dieses Typs finden sich etwa im Küstenraum, im nördlichen Ruhrgebiet, im Saarland und in Ostdeutschland. Beiden Stadtentwicklungstypen ist gemeinsam, dass innerhalb der jeweiligen Städte sehr unterschiedliche Entwicklungsmuster zu beobachten sind, die häufig zu geradezu Patchworkartigen räumlichen Mustern führen.

So gibt es auch in wachsenden Städten schrumpfende Quartiere, wie es auch in insgesamt schrumpfenden Städten durchaus wachsende Quartiere geben kann. Das hat damit zu tun, dass in allen Städten aufgrund der sozialen Ausdifferenzierung und von Zuwanderungen die soziale und kulturelle Heterogenität zunimmt. In Verbindung mit spezifischen Entwicklungen der Boden-märkte verschärft sich die sozialräumliche Segregation. Es entsteht – gerade in prosperierenden Städten, in denen es der Mehrheit der Stadtgesellschaft vergleichsweise gut geht – die Gefahr, dass sich soziale und sozialräumliche Spaltungen verfestigen.

Bedeutung von Sport und Spiel wird unterschätzt

In der Bundesrepublik steht prinzipiell ein umfangreiches Instrumentarium im Umgang mit den Herausforderungen und zur Förderung der Integration benachteiligter Bevölkerungsgruppen zur Verfügung. Hier ist vor allem auf die Städtebauförderung mit ihren vielfältigen Instrumenten und Ansätzen hinzuweisen. Trotz der aktuellen Erhöhung der dafür zur Verfügung stehenden Mittel auf Bundesebene ist aber auf die insgesamt immer problematischer werdenden finanziellen Handlungsspielräume der öffentlichen Hand – Stichwort „Schuldenbremse“ – und insbesondere der Kommunen hinzuweisen. Die Handlungsfähigkeit im Umgang mit den skizzierten Tendenzen ist damit grundsätzlich gefährdet.

In diesem Zusammenhang wird immer noch die Bedeutung von Sport und Spiel unterschätzt. Grundsätzlich wird zwar, zumindest in „Sonntagsreden“, anerkannt, dass Sport eine integrative Wirkung hat. Das gilt im Hinblick auf kulturelle und ethnische Diversität wie auch im Hinblick auf Verschiedenheit nach Alter, Geschlecht und sozialem Status. Gerade in großen Städten nimmt die Bedeutung des selbstorganisierten „informellen Sports“ vom traditionellen Fußballkick auf der Wiese im Park über das Jogging in selbstorganisierten kleinen Gruppen bis zum Skaten und Beach-Volleyball am „Stadtstrand“ zweifelsohne zu. Dass das wichtig für die Integrationsleistung von Stadtgesellschaften ist, wird bisweilen auch in Stadtentwicklungsplänen anerkannt. Ein Ausbau entsprechender Möglichkeiten, insbesondere von „Frei-Räumen“, die unterschiedliche Formen selbstgestalteten Spiels und Sports ermöglichen, ist daher nur zu begrüßen.

Genauso an dieser Stelle ist auf die wichtige Rolle und integrative Kraft des Vereinssports hinzuweisen. Gut organisierter Vereinssport mit vielfältigen Angeboten hat eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für den Zusammenhalt städtischer Gesellschaften. Das gilt ganz besonders für den Jugendbereich! Hier werden nicht nur sinnvolle und von Jugendlichen akzeptierbare Angebote zum sozialen Lernen gemacht. Das schließt das „Verstehenlernen“ von Regeln wie auch Möglichkeiten, Anerkennung zu gewinnen, ein. Diese wichtige Rolle des Vereinssports verdient immer wieder, in das Bewusstsein gehoben zu werden.

Sport verdient breite gesellschaftliche Unterstützung

Zugleich ist auch darauf hinzuweisen, dass selbstverständlich Vereine sich ständig erneuern, ja sich neu erfinden müssen, um dem demographischen, sozialen und kulturellen Wandel mit immer neuen differenzierten Angeboten gerecht zu werden. Hier ist in den letzten Jahren mit Unterstützung des DOSB und der Sportwissenschaften viel passiert. Einen Stillstand kann und darf es hier aber nicht geben, wenn der Sport nicht gefahrlaufen will, seine Bedeutung für die Integration der Stadtgesellschaften zu verlieren.

Im Zusammenhang mit dem Thema „Sport und Umwelt“ sei hier aber auch noch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Bedeutung des Sports für die Integration der Städte nicht nur politisch anerkannt, sondern auch materiell untersetzt werden muss. Damit soll keineswegs nur die Notwendigkeit finanzieller Förderung angesprochen werden, sondern es geht hier auch um die planerische Unterstützung für entsprechende Infrastrukturen und sportlich nutzbare Frei-Räume. Und es geht nicht zuletzt um das Wecken von Toleranz, dass sportliche Angebote nicht immer geräuschlos wie Segelfliegen sein können. Es kann nicht sein, dass bei Festreden die Integrationskraft des Sports gelobt wird und montags Klagen aus der Nachbarschaft gegen die Nutzung von Sportanlagen wegen damit verbundener Verkehre und Geräusche eingereicht werden. Hier verdient der Sport breite gesellschaftliche Unterstützung für seine vielfältigen Integrationsleistungen!

Professor Rainer Danielzyk ist Generalsekretär der Akademie für Raumforschung und Landesplanung und Hochschullehrer im Institut für Umweltplanung, Abteilung Raumordnung und Regionalentwicklung, der Leibniz-Universität Hannover sowie Beirat Sportentwicklung im DOSB. Dieser Text erschien als Leitartikel in der Juni-Ausgabe von „Sport schützt Umwelt“.

(Quelle: DOSB-Presse, Ausgabe 25)


  • Gut organisierter Vereinssport hat eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für den Zusammenhalt städtischer Gesellschaften. Foto: LSB NRW
    Gut organisierter Vereinssport hat eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für den Zusammenhalt städtischer Gesellschaften. Foto: LSB NRW