Was die Sportausbildung zählt

Das Anerkennungsgesetz macht's möglich: Seit 2012 können Zugewanderte leichter ihrem erlernten Beruf nachgehen. Inwieweit gilt das auch für sportliche Tätigkeiten? Ein Überblick.

Deutscher Toptrainer mit ausländischer Lizenz: Der Belgier Vital Heynen coacht das Volleyball-Nationalteam (Foto: FIVB)
Deutscher Toptrainer mit ausländischer Lizenz: Der Belgier Vital Heynen coacht das Volleyball-Nationalteam (Foto: FIVB)

Es berührt ein bisschen den Sport und ganz stark die soziale Integration: Seit April 2012 gilt in der Bundesrepublik das sogenannte Anerkennungsgesetz. Es soll dem nationalen Facharbeitermangel entgegenwirken und die Eingliederung Zugewanderter in den Arbeitsmarkt fördern. Das Gesetz verschafft Menschen mit ausländischen Berufsabschlüssen das Recht, einen Antrag zur Anerkennung dieser Abschlüsse zu stellen. Dann wird geprüft, ob die Ausbildung gleichwertig mit der deutschen ist und welcher Nachholbedarf ansonsten besteht. Am Ende sollen mehr Migrantinnen und Migranten, vor allem hunderttausende hochqualifizierte, in ihrem erlernten Beruf arbeiten – der Arzt als Arzt, nicht mehr als Taxifahrer.

Zum einjährigen Bestehen des Gesetzes hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung vorläufige Bilanz gezogen. Schätzungen zufolge (repräsentative Daten sollen im Herbst 2013 vorliegen) wurden bis dato etwa 30.000 Anträge gestellt, die meisten im Gesundheitsbereich. Die Nachfrage in sportbezogenen Berufen hält sich offenbar in Grenzen: Nur vereinzelte Anrufer auf der im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge angesiedelten Hotline informierten sich zu solchen Jobs.

Aber welche sportlichen Ausbildungen können – oder müssen – Zugewanderte in Deutschland überhaupt anerkennen lassen? Und von wem? Für welche Abschlüsse und Tätigkeiten, vom Sportlehrer über den Sportökonom bis zum Vereinstrainer, gilt das Anerkennungsgesetz – und was ist mit den Ausbildungen, für die es nicht gilt? Das Folgende gibt einen Überblick.

Anerkennung zwingend: reglementierte Berufe

Ob schon zugewandert oder (noch) nicht: Wer hierzulande in einem sogenannten reglementierten Beruf arbeiten möchte, hat den größten Vorteil vom Anerkennungsgesetz – vorausgesetzt, seine oder ihre Ausbildung ist der deutschen gleichwertig. Denn die Ausbildungsstandards für reglementierte Berufe setzt der Staat, und nur wer diese Standards erfüllt, darf den Beruf ausüben und die Berufsbezeichnung tragen: Arzt, Hebamme, Apotheker zum Beispiel oder Anwalt, Sozialpädagogin, Zweiradmechaniker. Kurz: Er oder sie muss den im Ausland erworbenen Abschluss anerkennen lassen.

Laut dem Informationsportal www.anerkennung-in-deutschland.de gibt es in Deutschland 81 auf Bundesebene und 18 auf Länderebene reglementierte Berufe. Zu Letzteren zählt der wichtigste reglementierte Beruf mit Sportbezug: Sportlehrer an staatlichen Schulen. Das Anerkennungsverfahren läuft in diesen Fällen über die Kultusministerien. Außerdem gibt es für Ski- und Bergführer sowie Ski- und Snowboardlehrer eine staatlich anerkannte Ausbildung. Allerdings nur in Bayern.

Anerkennung hilfreich: nicht-reglementierte Berufe

Um einen unreglementierten Beruf auszuüben, braucht es keine staatliche Zulassung. Wer also eine solche Ausbildung besitzt, muss sie nicht anerkennen lassen, bevor er sich bewirbt oder selbständig macht. Aber er sollte vielleicht, damit potenzielle Arbeitgeber seine Qualifikation besser einschätzen können. Das gilt unter anderem für Ausbildungsberufe, die im dualen System von Betrieb und Berufsschule erlernt werden. Dazu zählen Sport- und Fitnesskaufleute ebenso wie Sportfachfrauen und -männer, wie sie zum Beispiel Sportvereine beschäftigten.

Anerkennung nicht möglich: Hochschulabschlüsse in nicht-reglementierten Berufen

Man nehme zum Beispiel studierte Sportwissenschaftler, Sportpsychologen, Sportmanager: Zugewanderte Menschen mit diesen Abschlüssen können ausländische Qualifikation nicht im Sinne des Anerkennungsgesetzes prüfen lassen. Zur Erklärung heißt es beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Hochschulabschlüsse  könnten „keinem deutschen Referenzberuf klar zugeordnet“ werden – im Unterschied etwa zum Lehramtsexamen. Migranten mit solch einem Studienabschluss können sich ihre Qualifikation dennoch offiziell bescheinigen lassen: in Form einer individuellen Opens external link in new windowZeugnisbewertung, die die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen ausstellt.

 Anerkennung ist Sache des Sports: Trainerlizenzen

Ob eine im Ausland gemachte Trainerausbildung in Deutschland anerkannt wird, regelt der Sport. Der DOSB als Dachverband koordiniert die Lizenzausbildung allgemein und prüft, ob die Fachverbände die Rahmenrichtlinien für die Qualifizierung (etwa zur Anzahl der Lerneinheiten) einhalten. Denn sie, die Fachverbände, bilden selbst aus und regeln die Anerkennung ausländischer Lizenzen – nur für die höchste Stufe, die Ausbildung zum Diplom-Trainer, ist die DOSB-Trainerakademie in Köln zuständig. In der Praxis ist es meist so oder so ähnlich wie beim Deutschen Skiverband: Es wird nach Einzelfall entschieden.

Pauschal lässt sich ja kaum einschätzen, ob im Ausland ausgebildete Trainerinnen und Trainer so arbeiten, wie es Vereine und Verbände erwarten. Gudrun Schwind-Gick, Leiterin des Ressorts Bildung und Olympische Erziehung im DOSB, sagt: „Es geht nicht nur um die Dauer der Ausbildung oder die fachliche Kompetenz. Die Frage kann zum Beispiel sein, welche Ausbildungs-, Trainingskultur und pädagogische Kultur im Herkunftsland besteht, oder ob der Betreffende ausreichend mit dem deutschen Sportsystem vertraut ist.“

Im Übrigen geht der Trend in Richtung Integration, jedenfalls in der EU. EQR ist das Stichwort, kurz für: Europäischer Qualifikationsrahmen für lebenslanges Lernen. Dieses Instrument soll internationale Abschlüsse vergleichbar machen und hat eine nationale Entsprechung: Der Deutsche Qualifikationsrahmen (DQR) ordnet Qualifikationen wie der EQR nach acht Niveaustufen ein und soll die Voraussetzung für länderübergreifende Mobilität schaffen.

Für den DOSB sind EQR und DQR wichtig, weil sie nicht nur formal, also durch staatliche Bildungseinrichtungen vermittelte Qualifikation bewerten. Sondern auch non-formal und informell erworbenes Wissen. Der DQR macht etwa die Kompetenz eines Handwerksmeisters mit der von Bachelor-Absolventen vergleichbar: beides entspricht Stufe 6 –  jene Stufe, die laut einer an der Uni Erlangen-Nürnberg erarbeiteten Studie auch der Diplom-Trainer-Abschluss erreichen würde. Der DOSB strebt die Umsetzung solcher Theorie an. „Trainer und andere im Sportverein Engagierte lernen im Zuge ihrer sportlichen Arbeit unglaublich viel, das möchten wir gewürdigt sehen“, sagt Gudrun Schwind-Gick. Ein Nachweis dieser Kompetenzen könne den Betroffenen auf ihrem beruflichen Weg helfen und die wechselseitige internationale Anerkennung von Trainern begünstigen.

Auf letzterer Ebene geht es ohnedies voran: Die Interessenvertretung International Council Coaching Excellence hat mit der Vereinigung der Olympischen Sommersportarten (ASOIF) und anderen Partnern einen vom EQR inspirierten Referenzrahmen für Trainerqualifikationen erarbeitet. Als Ergebnis eines EU-geförderten Projekts wird der „International Sports Coaching Framework“ zurzeit aktualisiert. Klar ist: Er hat vier Stufen und macht Ausbildungen länderübergreifend vergleichbar, ohne sie zu vereinheitlichen: „Unity in Diversity“ lautet das englische Motto.

Für weitere Informationen siehe www.anerkennung-in-deutschland.de

(Quelle: DOSB / Text: Nicolas Richter)


  • Deutscher Toptrainer mit ausländischer Lizenz: Der Belgier Vital Heynen coacht das Volleyball-Nationalteam (Foto: FIVB)
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