Wolfgang Schäuble und der Sport – ein Nachruf 

Wolfgang Schäuble war dem Sport nicht nur in seinem Ämtern, sondern auch als Mensch verbunden. Ein Nachruf von Christian Sachs.

Porträt Wolfgang Schäuble in schwarz-weiß Foto: picture-alliance
Porträt Wolfgang Schäuble in schwarz-weiß Foto: picture-alliance

In den Tagen um den Jahreswechsel waren die Medien voll von Traueranzeigen, Nachrufen und Elogen für und über Wolfgang Schäuble. Am 22. Januar 2024 gedenkt die Bundesrepublik Deutschland diesem außergewöhnlichen Politiker in einem Staatsakt. Denn im 82. Lebensjahr ist der gebürtige Freiburger am zweiten Weihnachtstag in seiner badischen Heimat gestorben. Unter anderem war er in seiner langen politischen Laufbahn Bundestagspräsident, Bundesminister in mehreren Ressorts und Regierungen, Architekt des deutschen Einigungsvertrags, CDU-Parteivorsitzender und vieles, vieles mehr. Und gleichzeitig war er über 50 Jahre ununterbrochen direkt gewählter Abgeordneter des Wahlkreises Offenburg.    

In all diesen Jahren seiner politischen Karriere und als Mensch war er auf besondere Art und Weise dem Sport verbunden. Als Junge schwärmte er ebenso wie viele seiner Generation für den Fußballer Fritz Walter, er spielte später selbst mit großem Ehrgeiz Tennis, schaute Ringen beim ASV Urloffen und war nach dem Attentat 1990 und seiner daraus resultierenden Querschnittslähmung viele Jahre mit seinem Handbike unterwegs. Als körperlicher und mentaler Ausgleich war ihm das wichtig und wurde bei aller beruflichen Terminhatz immer in den Tagesablauf integriert. Sein Landsmann Joachim Löw hätte „högschde Disziplin“ konstatiert.  

Neben der persönlichen Neigung nahm der bekennende Bayern München-Fan Schäuble aber auch in seinen politischen Ämtern Notiz vom Sport und engagierte sich für ihn. Als junger Bundestagsabgeordneter war er Mitglied im Sportausschuss, bei den Verhandlungen zum Einigungsvertrag ging es auch um das Erbe des DDR-Leistungssportsystems und in seinen Jahren als Bundesinnenminister machte er sich sowohl um die Anfänge des Programms „Integration durch Sport“, welches inzwischen seit über 25 Jahren erfolgreich läuft, als auch um die Gründung des DOSB und die Spitzensportförderung des Bundes verdient. 

In diese, seine zweite Amtszeit als Bundesinnenminister von 2005 bis 2009, fiel auch ein Ereignis, das ihm neben vielen Sorgen um die Sicherheit sichtlich Spaß gemacht hat. Die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland war vom Eröffnungsspiel in München bis zum Finale in Berlin für Schäuble ein Genuss. Für den Fußball-Fan ebenso wie für den Patrioten in ihm. Das sich entwickelnde schwarz-rot-goldene Fahnenmeer ohne nationalen Chauvinismus und die weltoffene gelöste Stimmung im ganzen Land gefielen ihm. Zumal er sich im halben Jahr vor der Heim-WM über „mangelhaft“-Urteile der Stiftung Warentest für deutsche Stadien, No-Go-Areas für Gäste aus aller Welt und drohende Straßenschlachten rivalisierender Hooligans medial auseinandersetzen musste.      

Nur einmal hatte er, in den zwei Jahren in denen ich sein für den Sport zuständiger Pressesprecher sein durfte, eigentlich keine Lust mehr auf Sport. Bei den Olympischen Spielen in Turin 2006 gerieten wir nach dem Bobwettbewerb auf dem Weg ins Deutsche Haus in Sestriere in einen veritablen Schneesturm. „Das machen wir nie wieder“ brummte er mir auf dem quälenden Weg mit dem Rollstuhl durch den tiefen Neuschnee zu. Aber Dienst ist Dienst und so fuhren wir zwei Wochen später zu den Paralympics – bei strahlendem Sonnenschein. Beinahe gerührt war Wolfgang Schäuble als ihm der DOSB auf der Mitgliederversammlung 2009 in Düsseldorf die Ehrenmedaille des DOSB für seine Verdienste um den Sport verlieh. Der Sport war ihm, ohne ihn zu idealisieren oder zu überhöhen, einfach wichtig. 


  • Porträt Wolfgang Schäuble in schwarz-weiß Foto: picture-alliance