World Games: Tauzieher stellen größte deutsche Teilmannschaft

22 des 139 Sportlerinnen und Sportler umfassenden deutschen World Games-Teams stellen die Tauzieher. Sie bilden die größte der 18 Teilmannschaften.

Die deutschen Tauzieher spannen die Muskeln an. Foto: DRTV
Die deutschen Tauzieher spannen die Muskeln an. Foto: DRTV

Wenn am 27. und 28. Juli in Cali/Kolumbien bei den IX. World Games (25.7.-4.8.) der nichtolympischen Sportarten die Kommandos „Pick up the rope – Staedy – Pull“ zu hören sind, stemmen sich 32 Männerbeine in den Boden oder 32 Frauenbeine suchen sich auf der Gummimatte den besten Stand, spannen die Muskeln in den Beinen, im Oberkörper und den Armen an und versuchen das gegnerische Team auf ihre Seite zu ziehen.

In drei Gewichtsklassen (bei den Männern, die auf dem Rasen antreten, dürfen acht Sportler 640 kg bzw. 700 kg wiegen, bei den Frauen, die ihren Wettkampf in der Halle austragen, sind es 540 kg)  stehen sich in der Vorrunde im direkten Kampf jeweils die sechs weltbesten Teams gegenüber, von denen die vier besten das Halbfinale erreichen.

Der Tauzieh-Weltverband (Tug of War International Federation – TWIF) gehörte 1980 zu den zwölf Gründerverbänden der World Games, die 1981 erstmals in Santa Clara (USA) stattfanden. Damals standen 18 Sportarten auf dem Programm, heute sind es 31, die bei den von IOC-Präsident Rogge als „Vorhof der Olympischen Spiele“ bezeichneten Weltspielen ihre Medaillengewinner ermitteln. Sportler des Deutschen Rasenkraftsport- und Tauzieh-Verbandes (DRTV) konnten sich 1989 (damals wurden die World Games in Karlsruhe ausgetragen) erstmals für die Teilnahme qualifizieren. 1989, 1993 und 1997 startete das deutsche Männerteam jeweils im Schwergewicht und konnte 1993 in Den Haag die Bronzemedaille gewinnen. 2001 kehrten die deutschen Tauzieher aus Akita (Japan) mit einem fünften Platz in der 680-kg-Klasse zurück, ehe sich das Team auf die „Königsklasse“, das Mittelgewicht (640 kg) konzentrierte und 2005 in Duisburg den dritten Platz und 2009 in Kaohsiung in Taiwan die Silbermedaille gewann. Für Kaohsiung konnte sich sogar mit der Schwergewichtsmannschaft ein zweites deutsches Team qualifizieren, das den sechsten Platz gewann.

Für 2013 hatte sich der DRTV vorgenommen, erstmals mit drei Teams zur den World Games zu reisen, doch der Traum erfüllte sich nicht: das Schwergewichtsteam (700 kg) konnte sich nicht qualifizieren. Dafür sprang das Frauenteam in die Bresche. Nachdem die erfolgreiche Aufbauarbeit einer Freiluftmannschaft bei den Frauen in den letzten Jahren mit dem Gewinn von vier Bronzemedaillen bei Welt- und Europameisterschaften (eine davon mit einem Mixed-Team) belohnt wurde, wagte der Frauencoach Markus Maier (Kirchzarten) den „Wechsel“ in die Halle. Da auf den Gummimatten eine völlig andere Bein- und Fußtechnik erforderlich ist, sprang man bei den letztjährigen Hallen-Weltmeisterschaften ins kalte Wasser und konnte sich als sechstes Team für die World Games qualifizieren. Markus Maier, der 2001 in Akita selbst World Games-Teilnehmer war, hat in den letzten zwei Jahren zwar einige graue Haare bekommen, doch seine „Mädels“ konnte er so motivieren, dass ihr Ziel das Erreichen des Halbfinals ist; wohl wissend, dass Chinese Taipeh (Taiwan) nicht zu schlagen sein wird. „In der Vorrunde wollen wir wenigstens zwei Teams besiegen, dann ist alles möglich: Blech oder Medaille“. Dass sie sich in den letzten 15 Monaten erheblich in der Hallentechnik verbessert hatten und bei einem Trainingslager mit den besten europäischen Frauenteams im Baskenland wertvolle Erkenntnisse gewonnen hatten, sah man beim abschließenden Turnier, bei dem das deutsche Team den zweiten Platz belegt hatte. Da das Tauziehen eine Sportart ist, bei der neben der Kraft und der Kondition auch die Technik und die jahrelange Erfahrung eine große Rolle spielen (Medaillengewinner aus angelsächsischen Ländern sind vielfach über 50 Jahre alt), ist auch im deutschen Frauenteam ein breites Altersspektrum gegeben. Das „Nesthäkchen“ Barbara Resch (Dream-Team Siegelau) ist 17 Jahre alt, Susanne Schuler (Tauziehfreunde Dietenbach) als „Seniorin“ könnte mit 44 Jahren ihre Mutter sein.

Eine breite Altersstruktur ist auch im Männerteam sichtbar, das von Heinrich Biegert, 45 (Sportfreunde Goldscheuer) altersmäßig angeführt wird. „Benjamin“ mit 26 Jahren ist Ankermann Thomas Röther, der erst in diesem Jahr von Emmendingen nach Goldscheuer gewechselt ist.

Sind im Damenteam Sportlerinnen aus vier Vereinen aus Nord- und Südbaden vereint, setzt der Bundestrainer Andreas Berl auf die Sportler der beiden Spitzenvereine Sportfreunde Goldscheuer (Kehl) und Tauziehfreunde Böllen im Hochschwarzwald. Vier Sportler, die vor vier Jahren die Silbermedaille gewonnen hatten, sind nicht mehr dabei; sie haben sich altershalber aus der Nationalmannschaft abgemeldet. Berl musste somit in den letzten drei Jahren junge Kräfte in das Team einbauen. Dies dürfte ihm gelungen sein, denn die Bundesligateams aus Goldscheuer und Böllen zeigen sich in diesem Jahr stärker als in den beiden vergangenen Jahren. Das verhaltene Ziel des Bundestrainers ist das Erreichen des Halbfinals. Wie er dieses Ziel angehen wird, entscheidet sich erst vor Ort, wenn er den Rasen inspiziert hat, dessen Untergrund vor Jahresfrist hart wie Beton war, der aber vermutlich in diesen Tagen kräftig gewässert wird. „Dem Boden kommt bei der Taktik eine große Bedeutung zu“, orakelt Andreas Berl, dessen insgeheimer Wunsch durchaus verständlich ist: 2005 hat er als Sportler die Bronzemedaille gewonnen, 2009 als Trainer und Coach die Silbermedaille. Jetzt fehlt eigentlich nur die Goldmedaille. Diesen Traum hat auch Thorsten Berl (39), der mit dem Bundestrainer nicht verwandt ist. Bei seiner vierten World Games-Teilnahme würde er schon gerne seinen Medaillensatz komplett machen, wohl wissend, dass zuvor die wohl schwersten Gegner Schweiz und England besiegt werden müssen.

Komplettiert wird das deutsche Tauzieh-Team durch seinen Präsidenten Gunter H. Fahrion, der als der von den DOSB-Spitzenverbänden gewählte World Games-Beauftragte und als Sprecher (Chairman) der nichtolympischen Verbände im DOSB zugleich der Mannschaftsleitung des deutschen Teams angehört.

Frauenteam Indoor:

Stefanie Dold, 23 (Tauziehclub Eschbachtal)
Fabien Elias, 22 (ASV Ladenburg)
Nadine Frömmrich, 28 (Tauziehfreunde Dietenbach)
Stefanie Groß, 35 (Tauziehfreunde Dietenbach)
Silke Kern, 30 (Tauziehfreunde Dietenbach)
Verena Müller, 23 (Tauziehfreunde Dietenbach)
Barbara Resch, 17 (Dream-Team Siegelau)
Natascha Schiavelli, 43 (Tauziehfreunde Dietenbach)
Susanne Schuler, 44 (SV Kollmarsreute)
Markus Maier, Coach Frauenteam

Männerteam Outdoor:
Thorsten Berl, 39 (Sportfreunde Goldscheuer)
Daniel Fien, 28 (Sportfreunde Goldscheuer)
Stefan Heimann, 29 (Tauziehfreunde Böllen)
Markus Böhler, 33 (Tauziehfreunde Böllen)
Dirk Wagner, 35 (Tauziehfreunde Böllen)
Heinrich Biegert, 45 (Sportfreunde Goldscheuer)
Philipp Berl, 24 (Sportfreunde Goldscheuer)
Christian Dießlin, 23 (Tauziehfreunde Böllen)
Christian Bartmann, 28 (Sportfreunde Goldscheuer)
Thomas Röther, 26 (Sportfreunde Goldscheuer)
Andreas Berl, Bundestrainer und Coach Männerteam

Weitere Delegationsmitglieder des Tauzieh-Teams:
Kurt Rosa, Kampfrichter
Philipp Specht, Physiotherapeut
Gunter H. Fahrion, Präsident und Delegationsleiter

(Quelle: Deutscher Rasenkraftsport- und Tauzieh-Verband)


  • Die deutschen Tauzieher spannen die Muskeln an. Foto: DRTV
    Die deutschen Tauzieher spannen die Muskeln an. Foto: DRTV