Adnan Maral: Ich singe auch nicht die türkische Hymne

Integrationsfigur, so kann man Adnan Maral spätestens seit „Türkisch für Anfänger“ nennen. Gespräch mit einem Schauspieler, der gern Vorbild ist und Sport mag.

Adnan Maral spielte die Rolle des Metin in der preisgekrönten Fernsehserie Türkisch für Anfänger. Foto: Katja Kuhl
Adnan Maral spielte die Rolle des Metin in der preisgekrönten Fernsehserie Türkisch für Anfänger. Foto: Katja Kuhl

„Lässig“ findet Adnan Maral die Bayern, sagt er. Er selbst ist ganz sicher einer der lässigsten Bayern. Das verdeutlicht das Gespräch, das das Magazin „Faktor Sport“ mit dem Schauspieler geführt hat und das wir hier in Auszügen dokumentieren. Das vollständige Interview können Interessierte ab 11. März in „Faktor Sport“ lesen, Opens external link in new windowelektronisch oder im Abonnement.

Herr Maral, Sie sind eine Symbolfigur: eher eine für Integration oder für binationale Identität – oder läuft das aufs Gleiche hinaus?

Für mich ist die Frage, wie die Begriffe verwendet werden. Wie ist es in einer Mixehe? Wie ist es bei mir, der ich als Türkisch-Stämmiger mit einer Schweizerin verheiratet bin? Bin ich als „Türke“ da der Migrant, oder sind wir ein binationales Paar? Für mich ist es das Gleiche: Wenn man beide Kulturen ehrt und schätzt und lebt, so wie ich die deutsche und die türkische, dann kann das so oder so Spiegelbild der Gesellschaft sein – oder eben Vorbild.

Sind Sie es manchmal leid, der Vorzeigemigrant zu sein?

Nein, überhaupt nicht. Das mache ich gern, ich weiß aus eigener Erfahrung, wie notwendig Vorbilder sind: sei es in der Familie oder in der Öffentlichkeit. Auf Facebook schreiben mir junge Leute: toller Mann, wie kann ich Schauspieler werden? Es ist wichtig für die Heranwachsenden, zu erkennen, dass es Anerkennung und einen Platz in der Gesellschaft gibt für Menschen mit Migrationshintergrund. Mühsam ist es, wenn ich mal wieder irgendwo im Fernsehen ein türkisches Rezept präsentieren soll. Dann denke ich schon: Leute, jetzt ist gut, wir haben 2013.

Sie sind Sportler, haben Taekwondo gemacht, Boxen, Sie reiten auch. Der Mannschaftssport hat Ihnen kein Netz geboten?

Nein.

Zufall?

Das habe ich mich auch gefragt. Volleyball okay, ein bisschen in der Schule, Fußball aber hat mich nie interessiert. Zumindest nicht selbst zu spielen. Vielleicht entspricht der Einzelsport mehr der Schauspielerei. Obwohl man in einem Ensemble ist, ist jeder doch für sich allein. Aber meine beiden Söhne, die kicken. Ich fahre mit zu den Spielen – und ich bin Ersatztrainer, wenn der reguläre nicht kann. Den Fußball entdecke ich gerade auch in der Praxis für mich.

Hat der Sport es leichter, gesellschaftliche Veränderungen zu transportieren?

Ja, ich denke, es ist einfacher, denn es geht zunächst nur um Leistung. Man kennt es: War man gut im Sportunterricht, wollten einen alle in der Mannschaft haben, man wurde geliebt. Ich bin mit einem Freund zu einem alten Frankfurter Verein gegangen, weil wir boxen wollten. Man hat uns mit offenen Armen empfangen. Da waren Russlanddeutsche, Türken, Italiener, Marokkaner, das war nie ein Problem, Hauptsache, man konnte boxen. Im Sport ist das einfacher, weil man gemeinsam an einer Sache dran ist. Das merke ich auch jetzt, wenn ich mit den Kindern zu Fußballturnieren gehe. Es ist entspannt.

Wie beurteilen Sie den Streit zur Fußball-EM, als es darum ging, ob die deutschen Nationalspieler die Hymne mitsingen sollen oder nicht?

Wenn’s Mesut Özil nicht treibt mitzusingen, so what. Er spielt, er trifft, ist der Motor der deutschen Mannschaft. Das reicht doch.

Bei Stefan Effenberg war es nie anders.

Eben, deswegen finde ich die Diskussion mühselig. Ich persönlich singe auch nicht die türkische Nationalhymne, also: Warum sollte es bei der deutschen anders sein? Und das, obwohl ich mich deutsch fühle. Ich habe kein Problem, wenn einer mit Inbrust die Nationalhymne singt, wenn er das will oder muss. Ich habe zum Beispiel einen marokkanischen Freund, der kommt bei Deutschlandspielen immer in voller Montur, mit Deutschland-Trikot und –Fahne. Der hat einfach Lust darauf. Ich denke zwar immer, oh mein Gott, im Sinne von: Ist nicht mein Ding. Aber das denke ich auch bei meinem deutschen Freund Boris, wenn der bei mir zur WM in Schwarzrotgold aufläuft.

Sie sind im Alter von zwei Jahren nach Frankfurt gekommen, sind dort aufgewachsen, später nach Berlin gezogen und wohnen jetzt auf dem bayerischen Land, ohne Multikulti. Wo lebt es sich entspannter?

Das mit der fehlenden Vielfalt täuscht manchmal. In dem Ort, in dem ich wohne, leben über 30 Nationen zusammen, vom Brasilianer bis zum Ugander. Natürlich werde ich oft gefragt: Was machst Du als Türke in Bayern?

Wer fragt so etwas?

Nicht die Bayern. Die haben etwas Südländisches, Lässiges. Es gibt hier zudem keine Ecke, wo nur Türken leben. Das hat mich schon immer gestört, wenn man auf die Frage, woher man komme, Berlin antwortete und die Leute sagten: Ah, aus Kreuzberg.

(Text: DOSB / Interview: Marcus Meyer und Jörg Stratmann)


  • Adnan Maral spielte die Rolle des Metin in der preisgekrönten Fernsehserie Türkisch für Anfänger. Foto: Katja Kuhl
    Adnan Maral spielte die Rolle des Metin in der preisgekrönten Fernsehserie Türkisch für Anfänger. Foto: Katja Kuhl