50 Jahre München 1972: Olympiasiegerin Heide Ecker-Rosendahl

Anlässlich des 50-jährigen Jubiläums der Olympischen Spiele von München 72 stellen wir deutsche Olympiasieger*innen von damals vor: in Folge 2 Leichtathletin Heide Ecker-Rosendahl

Heide Ecker-Rosendahl springt am 31. August 1972 bei den Olympischen Spielen in München zu Gold im Weitsprung. Foto: picture-alliance
Heide Ecker-Rosendahl springt am 31. August 1972 bei den Olympischen Spielen in München zu Gold im Weitsprung. Foto: picture-alliance

Diese zwei Tage in der vorigen Woche ließen die 50 Jahre alten Erinnerungen lebendig werden. Das Zeltdach und die Hügel des Münchner Olympiaparks, Kulisse für die European Championships, fand Besucherin Heide Ecker-Rosendahl, immer noch „sensationell“. Und wie das Publikum im gut gefüllten Olympiastadion die Leichtathleten feierte, wirkte auch auf sie wieder so „überwältigend“ wie damals, als sich die damals Fünfundzwanzigjährige selbst bei den Olympischen Spielen 1972 zu drei Medaillengewinnen hatte tragen lassen.

Gold im Weitsprung, Silber im Fünfkampf und wieder Gold mit der 4x100-Meter-Staffel machten Heide Rosendahl zu einer der erfolgreichsten Athletinnen dieser Spiele – und 50 Jahre später zu einem der meistgefragten Zeitzeugen. Denn es sind vor allem die Bilder der hochgewachsenen Athletin mit Nickelbrille und Ringelsocken, die dem Publikum im Gedächtnis geblieben sind: Wie sie mit wehenden Haaren in die Weitsprunggrube fliegt; wie sie die Fünfkampf-Siegerin Mary Peters, der sie nur um zehn Punkte unterlegen ist, lachend umarmt; und wie sie schließlich als Schlussläuferin der Sprintstaffel den Stab von den Teamkolleginnen Christiane Krause, Ingrid Mickler-Becker und Annegret Irrgang auf gleicher Höhe mit der 100- und 200-Meter-Siegerin Renate Stecher aus der DDR übernimmt und ihr auf der Zielgeraden davonstürmt.

Es sind vor allem diese sportlichen Erinnerungen, die die Narbe des furchtbaren 5. September umrahmen – und nach denen auch Heide Ecker-Rosendahl immer wieder gefragt wird und von denen sie gern erzählt. Denn es sind auch Erinnerungen an Begegnungen auf der Laufbahn, die zu Freundschaften geworden sind.

Im vorigen Jahr hat der Olympic Channel die Nordirin Mary Peters interviewt, an der Stätte ihres größten Erfolgs, der Laufbahn des Olympiastadions, während sich Heide Ecker-Rosendahl als Überraschungsgast von hinten heranpirscht und ihr die Hand auf die Schulter legt, wie damals unmittelbar nach dem spannenden Wettkampf. Die spontane Wiedersehensfreude der beiden Freundinnen, die die Kamera daraufhin einfängt, wirkt genauso anrührend wie die herzliche Gratulation von damals. Anfang September werden sie sich wieder treffen, wenn die Leverkusenerin zu einer Ehrenfeier nach Belfast geladen ist.

Das Wiedersehen war auch für Heide Ecker-Rosendahl bewegend. Selbst wenn sie lieber über den Dreikampf von damals spricht. Denn neben Peters und ihr war da ja auch noch Burglinde Pollack aus der DDR, die Weltrekordlerin und damit eigentliche Favoritin. Auch dass die Gegnerin, die nach spannendem Verlauf Bronze gewann, auf dem Podium bitterlich weinte, hat Heide Ecker-Rosendahl nicht vergessen. Wohl vor allem deshalb, weil es, wie sich herausstellte, Tränen der Erleichterung waren, eine Medaille gewonnen zu haben.

Das war einer dieser Wettkämpfe, die der Athletin Heide Rosendahl besonders lagen. Natürlich wollte sie gewinnen, so wie sie als Weltrekordlerin den Weitsprung gewonnen hatte, um einen Zentimeter vor der Bulgarin Jorgowa. Aber vor allem suchte sie die Herausforderung und das Spannende des Wettbewerbs. Und wenn dann jemand noch besser war, obwohl sie selbst doch die eigene Bestleistung erreicht oder überboten hatte, dann erkannte sie das gerne an.

Dazu genoss sie die Reisen, die ihr der Sport ermöglichte. Als Siebzehnjährige nahm sie am Olympischen Jugendlager in Tokio teil, vier Jahre später war sie als Athletin für die Spiele in Mexiko Stadt qualifiziert. „Das waren exotische Erlebnisse“, schwärmt Heide Ecker-Rosendahl. Und deshalb sei sie zunächst sogar ein wenig enttäuscht gewesen, dass die nächsten Spiele im eigenen Land stattfinden sollten. Spiele, die dann zu einem einmaligen Erlebnis und zum Höhepunkt ihrer Laufbahn werden sollten.

Auch Renate Stecher ist zu einer Freundin geworden. Wenn auch richtig erst nach dem Mauerfall, als die Eckers eine Reise nach Erfurt zu einem Abstecher nach Jena nutzten, um die damalige Gegnerin und Weltrekordlerin zu besuchen. Zuletzt haben sich die beiden Frauen in diesem Sommer beim Wiedersehenstreffen gesprochen, das der DOSB für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer von 1972 organisierte.

Da ist längst zusammengewachsen, was vor 50 Jahren auch im Sport als Gegensatz galt. „Bundesrepublik gegen DDR“, das sei in München allerdings vor allem ein Thema der Journalisten gewesen, sagt Heide Ecker-Rosendahl. Unter den Athletinnen und Athleten habe es dagegen immer Kontakte im stillen Einverständnis gegeben. „Wir haben die gleiche Sprache gesprochen, den gleichen Sport gemacht – und haben uns wegen der Aufpasser halt im Hintergrund getroffen.“

So sieht Heide Ecker-Rosendahl auch den großartigen Staffelsieg von 1972 nicht als Kampf der Systeme, sondern rein sportlich – und vor allem gar nicht so sensationell wie die meisten Beobachter. Das sei eine dieser Herausforderungen gewesen, die sie so sehr mochte, erzählt sie. „Wer den Wettkampf liebt, der liebt auch solche Momente.“ Man sei ja in München schon im Vorlauf gegeneinander gerannt. „Und da habe ich gemerkt, die Chance ist da. Ich kann auch gegen Renate Stecher noch was machen.“ Das habe sie dann im Finale gezeigt – auch mit Hilfe des Publikums, das ihr Flügel verlieh.

(Autor: Jörg Stratmann)


  • Heide Ecker-Rosendahl springt am 31. August 1972 bei den Olympischen Spielen in München zu Gold im Weitsprung. Foto: picture-alliance
    Heide Ecker-Rosendahl springt am 31. August 1972 bei den Olympischen Spielen in München zu Gold im Weitsprung. Foto: picture-alliance